Unternehmeredition: Wie schätzen Sie die Auswirkungen der Coronakrise auf die Beteiligungsbranche ein?
Thomas Weber: Corona brach über die Welt herein wie ein „Schwarzer Schwan“ – mit einem Ereignis, das so enorme Auswirkungen haben sollte, hatte niemand gerechnet. In der Pandemie haben allerdings bestimmte Geschäftsmodelle nicht nur nicht gelitten, sondern sogar an Dynamik gewonnen; insbesondere digitale Ansätze gehören dazu. Die Pandemie hat einen realwirtschaftlichen Schock ausgelöst, aber es gab keine nachhaltige Krise des Kapitalmarkts wie in den Jahren 2008 und 2009. Das Investitionsvolumen hat 2020 zwar nicht mehr das Rekordniveau des Jahres 2019 erreicht, aber immerhin die guten Zahlen des Jahres 2018. Und in diesem Jahr sehen wir weiter einen starken Dealflow und auch ein weiter steigendes Preisniveau. Die niedrigen Zinsen treiben weiter den Markt – die Coronakrise hat da kaum gestört.
Welche Investmenttrends haben sich in den vergangenen Monaten entwickelt?
Die aktuelle gesellschaftliche Diskussion über Umweltfragen und die Klimaentwicklung geht selbstverständlich an unserer Branche nicht spurlos vorbei. Das Stichwort lautet ESG: Environmental, Social and Governance – zu Deutsch: Umwelt, Soziales und Unternehmensführung. Mit dem Begriff CSR hatten wir dieses Thema im Prinzip schon einmal, aber die Bedeutung für Unternehmen und Investoren hat deutlich zugenommen.
Welche Chancen bietet ESG für Sie?
Grundsätzlich geht es für unser Unternehmen immer um verantwortungsvolles unternehmerisches Handeln. Das gilt für uns – aber auch für unsere Beteiligungen. Daher sind die Gedanken einer ESG-konformen Unternehmensführung für uns nicht wirklich neu. Und wenn man wie wir ein Unternehmen weiterentwickeln will, dann muss man auch an Nachhaltigkeit denken. Unsere Investoren setzen voraus, dass wir die Portfoliounternehmen zukunftsfähig aufstellen – schließlich wollen wir Werte steigern. Dazu gehört inzwischen eben auch, die Schonung natürlicher Ressourcen zu berücksichtigen. Entsprechend handeln wir in unseren Portfoliounternehmen und unterstützten diese bei der Entwicklung und Umsetzung von entsprechenden Konzepten. Wir sehen uns daher für den Wettbewerb gut aufgestellt.
Wie wird sich der Investitionsfokus der DBAG weiterentwickeln?
Die Coronapandemie hat viele Unternehmer und Firmeninhaber nachdenklich gemacht. Sie haben nun erlebt, dass immer etwas Unvorhergesehenes passieren kann – mit langfristigen Auswirkungen. Wir bekommen daher mehr Anfragen für unsere Eigenkapitalbeteiligungen. Im Prinzip werden wir unseren Fokus beibehalten. Es besteht derzeit kein Grund für einen Strategiewechsel. In der Pandemie hat sich der Wert von Diversifikation gezeigt. Und die Wertentwicklung unseres Portfolios im vergangenen Jahr bestätigt diese Strategie: Wir rechnen mit einem Konzernergebnis in einer Spanne zwischen 125 Mio. und 145 Mio. EUR. Wir haben auch für künftige Investments ausreichend Kapital und gehen von vier bis fünf neuen Beteiligungen pro Jahr aus.
Sie expandieren nun nach Italien. Was versprechen Sie sich davon?
Wir sehen Italien aufgrund seiner vielfältigen, traditionellen und erfolgreichen Industrie als attraktiven Markt. Italien ist die zweitgrößte Industrienation der Europäischen Union. Wie auch in Deutschland ist das verarbeitende Gewerbe das Rückgrat der Wirtschaft. Italien ist stark exportorientiert und mit Deutschland, dem wichtigsten Absatzmarkt, eng verbunden. Italienische Industrieunternehmen setzen bei vielen High-End-Anwendungen internationale Maßstäbe und wir möchten nach zwei erfolgreichen Beteiligungen unser Engagement nun weiter verstärken.
ZUR PERSON
Thomas Weber,
Mitglied der Geschäftsleitung,
Deutsche Beteiligungs AG
welcome@dbag.de
Das Investorenprofil zur Deutschen Beteiligungs AG finden Sie hier.
Das Interview ist in der Beilage Spezial “Investoren im Mittelstand” der Unternehmeredition 3/2021 erschienen.
Alexander Görbing
Als Redakteur der Unternehmeredition berichtet Alexander Görbing regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Zu seinen Schwerpunkten gehören dabei Restrukturierungen, M&A-Prozesse, Finanzierungen sowie Tech-Startups.