Wird es in Berlin jemals wieder einen industriellen Mittelstand geben, wie er bis 1989 in Ost- und West-Berlin vorhanden war?
Den industriellen Mittelstand gibt es in Berlin doch schon längst wieder – und oftmals gerade in den Zukunftsindustrien, unseren Clustern. Ein guter Indikator für die wachsende internationale Wettbewerbsfähigkeit der Berliner Industrie ist übrigens ihre Exportquote, die in den letzten zehn Jahren deutlich zugelegt und inzwischen das Bundesniveau erreicht hat. In Betrieben des verarbeitenden Gewerbes mit 50 und mehr Beschäftigten lag der Anteil der Exporte 2012 bei 54,9% des Umsatzes. Die Durststrecke dürften wir hinter uns gelassen haben. Jetzt laufen auch in Berlin die Maschinen wieder schneller. So schnell, dass viele Unternehmen zusätzliche Investitionen ins Auge fassen.
Wird in Berlin eines Tages mal wieder ein DAX-Konzern mit seiner Zentrale zu finden sein?
Damit rechne ich in den kommenden fünf bis zehn Jahren. So macht beispielsweise der vor sechs Jahren in Berlin gegründete Online-Händler Zalando jetzt schon weit über 1 Mrd. EUR Umsatz im Jahr. Das hätte damals keiner erwartet. In der Unternehmenszentrale hier in Berlin arbeiten 1.500 gut ausgebildete Menschen. In Berlin fallen die strategischen Entscheidungen von Zalando, beispielsweise wo künftig investiert wird. Das ist für die Stadt ein großer Fortschritt – und zeigt, wo unsere Stadt ihre Stärken hat und wo wir uns noch mehr ins Zeug legen müssen: Eine gute Schul-, Aus- und Weiterbildung junger Menschen ist Basis für die wirtschaftliche Zukunftsfähigkeit Berlins.
Wie stehen Sie zu einer Länderfusion von Berlin und Brandenburg?
Seien wir doch mal ehrlich – eine Länderfusion steht derzeit überhaupt nicht zur Debatte. Und das ist auch nicht notwendig, sofern sich beide Länder in der Sache einig sind: Es geht um Bürokratieabbau! Dort wo es Berührungspunkte gibt, müssen sich die Verwaltungen beider Länder gut abstimmen; vor allem in konkreten Fragen der Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik können Vorteile für die hiesigen Unternehmen zum Tragen kommen. Der Trend der wachsenden Wirtschaftsbeziehungen spiegelt deshalb auch nur bedingt die Haltung der Unternehmen zur Länderfusion.