In einem Unternehmen gibt es immer wieder Anlässe für Investitionen, denn Stillstand ist Rückschritt. Aber woher kann das Geld kommen? Ausgewiesene Experten können den Firmen einen Überblick über ihre Möglichkeiten geben, die Rendite zu verbessern und teure Reinfälle zu vermeiden. Im Interview mit Borys Storck, Geschäftsführender Gesellschafter der Marktlink Mergers & Acquisitions GmbH in Deutschland, geht es um die Alternativen.
Unternehmeredition: In welchen Situationen empfiehlt sich Debt Advisory insbesondere?
Borys Storck: Einfach gesagt, gibt es tatsächlich wenige Situationen bei denen wir nicht behilflich sein können. Im Wesentlichen geht es aber um Wachstumsszenarien oder andere Anlässe für kleine und mittlere Unternehmen mit einem höheren Finanzbedarf. Das kann der Fall sein, wenn neue Produkte eingeführt werden sollen oder wenn der Schritt zu einer Internationalisierung erfolgt. Aber auch im Falle einer Unternehmensnachfolge ist eine Beratung immer sinnvoll. Das gilt auch bei einer Unternehmenskrise oder einer Restrukturierung, denn auch hier können wir neue Wege aufzeigen.
Unternehmeredition: Wie sieht Ihr Beratungsangebot für die Unternehmen aus?
Ich sehe unsere Aufgabe darin, den Unternehmern einen Überblick über ihre Möglichkeiten zu verschaffen. Wir machen den ganzen Tag nichts anderes, als uns um Finanzierungslösungen zu kümmern. Also können wir unseren Kunden aufzeigen, welche Alternativen sie haben, wenn es um die Beschaffung von Kapital geht. Die Firmenchefs stecken tief im Tagesgeschäft – was auch vollkommen normal ist – und können daher die verschiedenen Optionen gar nicht kennen. Wir sind selber keine Bank oder Kapitalgeber, sondern wir übernehmen die Rolle eines Beraters. Aber ich erlebe in den Gesprächen mit den Firmen immer wieder, dass über den klassischen Bankkredit und Leasing hinaus andere Methoden der Finanzierung wenig bekannt sind. Gerade im Mittelstand gibt es hier noch Nachholbedarf bei der Bandbreite der Instrumente zur Beschaffung von Kapital.
Am Anfang besprechen wir mit dem Unternehmer seine Ziele und Wünsche für die weitere Entwicklung. Wir zeigen dann die verschiedenen Möglichkeiten auf, um die gewünschte Investition vornehmen zu können. Dabei geht es natürlich um Rendite, Konditionen und Kosten. Wir schauen uns aber die einzelnen Anbieter genau an mit ihren speziellen Bedingungen und können dann auch auf rechtzeitig auf Stolperfallen aufmerksam machen.
Unternehmeredition: Was für Stolperfallen meinen Sie?
Es geht zum Beispiel um die Frage, was passiert, wenn die Raten nicht oder nicht rechtzeitig gezahlt werden können. Bestimmte Verträge können in diesem Fall vorsehen, dass dann mehr oder weniger automatisch ein Debt-equity-swap erfolgt und der Unternehmer damit ohne es zu wollen einen Mitgesellschafter an Bord hat – oder im schlimmsten Fall sogar seinen Betrieb verliert. Durch unsere Erfahrung am Markt achten wir in den Angeboten und Verträgen auf diese oder ähnliche Faktoren und können entsprechend beraten. Zudem kennen wir die meisten Anbieter und wissen dann auch, an welchen Stellen sie verhandlungsbereit sind und bei welchen Punkten ein Diskutieren in den Verhandlungen absolut zwecklos ist. Wir zeigen in den Gesprächen die Vorteile und Nachteile der Anbieter auf, machen die Konditionen transparent und ermöglichen so eine gute Entscheidung. Immerhin geht es bei diesen Finanzierungen um viel Geld und um die Entwicklungsmöglichkeiten des Unternehmens.
Unternehmeredition: Welche Finanzierungsformen gibt es überhaupt?
Die Finanzierung mit einer Bank ist sicher der Klassiker. Sehr gut bekannt im Umfeld des Mittelstands ist auch noch das Leasing – eine Finanzierung außerhalb der Bilanz des Unternehmens. Der Mietkauf hingegen hat unmittelbare Auswirkung auf die Bilanz, da am Ende ein Kauf des Investitionsguts vorgesehen ist. Eine etwas neuere Möglichkeit zur Finanzierung besteht in der Zusammenarbeit mit Debt Funds. Diese Funds investieren hauptsächlich in Schuldtitel und Geldmarktinstrumente. Das Hauptziel dieser Anbieter besteht darin, Erträge in Form von Zinszahlungen zu erzielen. Das Angebot solcher Finanzierungsformen hat in der jüngsten Vergangenheit stark zugenommen. Insofern besteht die Auswahl unter verschiedensten Anbietern. Wobei es hier auch Spezialisten gibt, die nur bei bestimmten Szenarien als Finanzierer zur Verfügung stehen. Hier verfügen wir über den notwendigen Überblick.
Unternehmeredition: Warum können Debt Funds flexibler handeln? Und welche Vorteile hat der Kunde davon?
Borys Storck: Ein wesentlicher Unterschied besteht in der Regulierung. Die Banken sind seit der großen Finanzkrise vor gut zehn Jahren gezwungen, eine Vielzahl an Vorschriften bei der Vergabe von Krediten zu beachten. Viele dieser Genehmigungsprozesse verlaufen mehr oder weniger automatisch – und wenn das System einmal „Nein“ gesagt hat, dann ist die Flexibilität eher gering. Debt Funds können hier schneller agieren und sind auch flexibler in der Zusammenarbeit. Ein höheres Risiko bei der Finanzierung lassen sich diese Anbieter aber auch bezahlen durch höhere Zinsen. In einigen Fällen kann es auch eine gute Lösung sein, dass man verschiedene Kombinationen von Finanzierungen miteinander kombiniert – hier haben wir bereits sehr gute Erfahrungen sammeln können.
Ein weiterer wichtiger Unterschied besteht bei den zu hinterlegenden Sicherheiten. Banken sind eher zurückhaltend, wenn es um „non- oder light-asset“-Sicherheiten geht wie beispielsweise Patente oder Lizenzen. Auch hier verhalten sich zahlreiche Debt-Funds flexibler und finden eine konstruktive Lösung – ohne Zugriff auf das Unternehmervermögen zu verlangen. Wenn ein Unternehmen also über keine „hard Assets“ wie Immobilien, Maschinen oder andere leicht-verwertbare Dinge als Sicherheiten verfügt, dann bleibt oft nur die Suche nach alternativen Finanzierungsformen.
Unternehmeredition: In welchen Fällen empfiehlt sich die Zusammenarbeit mit einem Debt Funds?
Gegenfrage: In welchem Fall ist eine Zusammenarbeit nicht möglich? Einfach gesagt: Mir fällt hier kein Beispiel an. In unserer Beratung haben wir im Prinzip alle typischen Situationen, bei denen ein Unternehmen auf den Kapitalmarkt angewiesen ist. Das sind Wachstumsfinanzierungen, Konzepte für eine Internationalisierung, Firmenzusammenschlüsse oder -übernahmen. Sinnvoll kann eine Zusammenarbeit zudem bei Unternehmensnachfolgen – entweder als Management-Buy-out oder Management-Buy-in – sein. Aber auch im Fall einer Restrukturierung oder bei einem Distressed M&A-Deal kann die Zusammenarbeit mit einem Debt Funds gut funktionieren.
Unternehmeredition: Wie sieht eine optimale Planung für Finanzierungslösungen aus?
Es macht am meisten Sinn, wenn wir bei einer Beratung möglichst frühzeitig einsteigen können. Also zu einem Zeitpunkt, bei dem es noch darum geht, welche unternehmerischen Ziele erreicht werden sollen. Dann können wir verschiedene Alternativen aufzeigen, die jeweiligen Finanzierungswege gemeinsam besprechen und dabei auch die möglichen Kosten und Erträge miteinander vergleichen. Wir erleben immer wieder, dass den Unternehmern nicht alle Möglichkeiten bekannt sind und sie deswegen gute Chancen verpassen oder unnötig viel Geld ausgeben.
Borys Storck ist geschäftsführender Gesellschafter der Marktlink Mergers & Acquisitions GmbH in Deutschland. Er verfügt über mehr als 20 Jahre Erfahrung in der Beratung von inhabergeführten Unternehmen, Konzernen und Private-Equity-Investoren bei der Durchführung von Unternehmenskäufen und -verkäufen sowie der Finanzierung und Bewertung von Unternehmen.
Als Redakteur der Unternehmeredition berichtet Alexander Görbing regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Zu seinen Schwerpunkten gehören dabei Restrukturierungen, M&A-Prozesse, Finanzierungen sowie Tech-Startups.