Das Geschäft läuft wie geschmiert

Das Mannheimer Unternehmen ist Weltmarktführer für Spezialschmierstoffe – mehr als 10.000 sind im Sortiment. Die Börsianer lieben das MDAX-Unternehmen wegen seines sagenhaften Erfolgs. Sagenhaft ist auch der unaufgeregte Führungsstil von Stefan Fuchs, der das Geschäft als Vorstandschef in der dritten Generation vorantreibt. Den Firmenjet seines Vaters hat er als erstes verkauft.

Weltweit größter unabhängiger Schmiermittelhersteller
„Du bist ein Fuchs.“ Das ist ein Kompliment für einen Schnellmerker, einen Schlauen. Der Fuchs im Walde ist ja auch einer, den man kaum sieht. Ein bisschen so ist das auch mit der Fuchs Petrolub AG. Schlau sind sie sowieso dort in Mannheim. Gesehen werden wollen sie gar nicht. Nur an der Börse kennt man sie. Die Geschäfte von Fuchs Petrolub laufen wie geschmiert. Mit Schmierstoff. Wenn in Stuttgart-Untertürkheim ein Mercedes die Werkhalle verlässt, ist Fuchs Petrolub mit dabei. Der Schmierstoffhersteller liefert das Motoröl, mit dem Daimler seine fabrikfertigen Autos befüllt. Traktoren, Lastwagen und Baumaschinen laufen mit Öl von Fuchs. Richtig viel verdienen die Mannheimer aber mit ihren Spezialölen – es sind mehr als 10.000: Motoröle, Fette, Reiniger, Rostschutzmittel und Schmiermittel für die Industrie hat Fuchs im Sortiment: Damit ist das familiengeführte Unternehmen der größte unabhängige Schmiermittelhersteller auf dem ganzen Globus. Die Fuchsens haben ein weltweit einmaliges Geschäftsmodell geschaffen. Vom Scheibenwischeröl über Schmierfette für die Lebensmittelindustrie bis hin zu speziellen Ölen für riesige Bergbaumaschinen reicht die Palette. Jedes Auto braucht 30 verschiedene Fette und Öle zum reibungslosen Ablauf. Keine Massenware, sondern forschungsintensive teure Spezialöle.

Schmieröl könnte man trinken
Manche Spezialität kostet 1.000 Euro das Kilo. Dafür hält der Stoff mitunter ein ganzes Maschinenleben lang oder ist für die Umwelt so unschädlich, dass man ihn einfach in den Gully schütten könnte. Für die großen Mineralölkonzerne ist das hochspezialisierte Geschäft zu klein, und unter den vielen kleinen Spezialherstellern ist Fuchs der einzige große. Jüngst hat Fuchs dem Ölgiganten Shell die Schmierstoffsparte abgekauft. Die ist sogar essbar. Die sogenannten „lebensmittelbedarfsgerechten Schmierstoffe für die Nahrungsmittelindustrie“ braucht es für Abfüllanlagen der Getränkeindustrie oder Zerlegewerkzeug in der Fleischverarbeitung mit Nahrungsmitteln in Verbindung kommen. Der Erfolg, der Fuchs beschieden ist, mutet sagenhaft an. Mit seinen Zahlen übertraf Fuchs Petrolub die Schätzungen der Analysten. Für 2012 peilt die im MDAX notierte Gesellschaft neue Bestmarken beim Umsatz und Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) an. Auch Zukäufe schließt Fuchs nicht aus, wenn sie strategisch und finanziell passen. Insgesamt will Fuchs Petrolub 60 Mio. EUR im laufenden Jahr in den Ausbau seines Geschäfts stecken, dies wäre die höchste Jahresinvestition in der Unternehmensgeschichte. Und als sei Erfolg das normalste der Welt, gibt sich Stefan Fuchs derart nüchtern und bodenständig, dass ein größenwahnsinniges Abheben so wahrscheinlich ist wie die Entdeckung einer Ölquelle in Mannheim. Also dort, wo Fuchs Petrolub seinen Stammsitz hat.

Schon Gründer Rudolf beeindruckt mit Qualität
Dort beginnt Gründer Rudolf Fuchs mit gerade einmal 22 Jahren: Im Jahr 1931, die Weltwirtschaft liegt darnieder, macht er sich selbstständig. Anfänglich beliefert er Fuhrunternehmer mit Motorenöl – sein strategischer Vorteil: Qualität. Nur ausgewählte Öle aus Pennsylvania wurden abgefüllt. Fuchs-Öle schmierten die Dieselmotoren der ersten Lastwagengeneration – Maschinen, die hoch anfällig für Verschleiß waren: Im Schnitt musste alle 2.000 Kilometer das Öl gewechselt werden. Heute wird ein Ölwechsel bei Lastwagen, die auf langen Strecken eingesetzt werden, erst nach gut über 100.000 Kilometern fällig. Die Kriegswirtschaft zwang zum Umdenken: Fuchs wurde zum Lieferanten für Industrieöle. Oft wurden Schmiermittel direkt für den Kundenbedarf gemischt. Damit wurde ein weiterer strategischer Schritt vollzogen, der bis in die heutige Unternehmensstruktur nachwirkt. Auch heute managen Azubis einen Verkaufsladen für die Mannheimer Bevölkerung, an die Fuchs Petrolub in Kleinmengen verkauft. Nach dem Weltkrieg war es dann vor allen Dingen der Rennsport, der den Namen bekannt machte. Der legendäre Wilhelm Herz gewann auf NSU die Deutsche Meisterschaft – und fuhr dabei mit Fuchs Penna Pura Rennöl RC zum Sieg. Die Wirtschaftswunderjahre waren auch für Fuchs von dynamischem Wachstum geprägt. Mitten in dieser Phase starb mit noch nicht mal 50 Jahren der Unternehmensgründer. Sohn Manfred Fuchs, damals frischgebackener Universitätsabsolvent, stieg in die Leitung des Unternehmens ein. In einer Branche voller Kleinunternehmen hat Fuchs als einer der wenigen verstanden, welchen Hebel die Börse bietet. Er beschaffte sich 1985 mit dem Börsengang Kapital. Seither hat Fuchs 50 Unternehmen dazugekauft und 14 Mal das Kapital erhöht.

Eigenkapitalrendite von 37 Prozent
Heute steht der Konzern da wie eine Eins. Schuldenfrei, beim operativen Gewinn sind in diesem Jahr bis zu 290 Mio. EUR drin. Die Eigenkapitalrendite von 37% lässt die allermeisten Branchen uralt aussehen. Die Internationalisierung ist Vater Manfred Fuchs’ Verdienst. Die Konstante aber ist der unaufgeregte Managementstil seines Sohnes Stefan. Er bewunderte in den Aufbaujahren seinen Vater, konnte sich früher aber überhaupt nicht damit abfinden, als Filius geboren zu sein. Mit dem Schmierstoffhandel wollte er nichts zu tun haben und sich seine eigene Existenz schaffen. Der 1968 Geborene studierte wie sein Vater BWL – natürlich in Mannheim. Die Uni dort gilt als Edelschmiede für akademische Kaufleute; Absolventen bekommen zumeist nach kurzer Zeit Führungsjobs. 1994 startete Stefan Fuchs bei einer großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. „Grundsätzlich hat es mich nicht in die eigene Firma gezogen“, äußert er gegenüber der Unternehmeredition. Seinem Vater hatte er jedoch ein Praktikum bei einer US-Auslandstochter versprochen. „Ich war die gesamten drei Monate mit unseren Vertriebsleuten in den USA bei den verschiedensten Kunden und habe dabei unser Geschäft lieben gelernt.“ Danach, sagt er, wollte er unbedingt ins Unternehmen. Fünf Jahre lang arbeitete Stefan Fuchs parallel mit seinem Vater Manfred im Vorstand, 2004, mit 35 Jahren, übernahm er den Vorstandsvorsitz. Als Chef in der dritten Generation trieb Stefan Fuchs die Expansion in den Schwellenländern voran und baute die die Entwicklungsabteilung aus. Früher waren Akquisitionen die Strategie, heute ist es organisches Wachstum.

Aufsichtsräte waren BASF-Vorstandschefs
Seit vergangenem Jahr wacht der ehemalige BASF-Vorstandschef Dr. Jürgen Hambrecht als Aufsichtsratschef über dem Unternehmen. „Wir hatten schon immer einen hochkarätig besetzten Aufsichtsrat“, sagt Fuchs. „Mit Herrn Dr. Jürgen Hambrecht tausche ich mich in sehr offener und transparenter Weise regelmäßig aus“ – einmal im Monat. „Wir neigen beide zur Gründlichkeit und Ernsthaftigkeit“, hat sein Vater damals gesagt, als er Stefan, der ihm wie aus dem Gesicht geschnitten ist, zum Vorstandschef machte. Die privaten Interessen von Vater und Sohn könnten unterschiedlicher kaum sein. Manfred Fuchs ist leidenschaftlicher Maler, die Vorstandsflure der Mannheimer Hauptverwaltung sind voll mit seinen teils großformatigen Bildern, er fördert Kultur und Musik, das Nationaltheater, die Pop Akademie, den Speyrer Dom, den Skulpturenpark in Heidelberg, das Künstlerhaus von Rheinland-Pfalz. Stefan ist anders. Die künstlerische Seite geht ihm ab, auch Lebemann will er weiß Gott nicht sein. Den Firmenjet hat er sofort verkaufen lassen, als er Vorstandschef wurde. Sein Hort ist die Familie; Natur, Fußball, die Leidenschaft für Pferde, Grillen mit Frau und den beiden Töchtern. Dann und wann sieht man ihn im Fußballstadion – nicht etwa in einer teuren Lounge, das wäre ihm zuwider. Er steht am liebsten mit den anderen Fans seiner Lieblingsmannschaft 1899 Hoffenheim unter dem in Dach der Haupttribüne. Dann – selten ist es – lächelt er einmal, hat rechts eine Bratwurst und links einen Becher Bier in der Hand.

Thomas Grether
redaktion@unternehmeredition.de

Kurzprofil Fuchs Petrolub AG
Gründungsjahr: 1931
Branche: Petrochemie – Öle und Spezialschmierstoffe
Unternehmenssitz: Mannheim
Mitarbeiter: 3.800
Umsatz 2011: 1,7 Mrd. EUR
Internet: www.fuchs-oil.de

Autorenprofil

Thomas Grether ist Gastautor.

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