Die Nord Holding ist eine der ältesten Beteiligungsgesellschaften in Deutschland. Mit ihren beiden Standbeinen Beteiligungs- und Fondsgeschäft ist sie in Deutschland weitgehend einzigartig aufgestellt.
Unternehmeredition: Welcher Ihrer Geschäftsbereiche – Direktinvestitionen und Fondsgeschäft – kann sich in Krisenzeiten besser behaupten?
Andreas Bösenberg: Es ist noch zu früh, um ein Fazit zu ziehen. Die beiden Geschäftsbereiche verfolgen unterschiedliche Geschäftszwecke und unterliegen ganz anderen Dynamiken. Einfach ausgedrückt ist der Fund-of-Funds-Bereich viel diversifizierter als jener der Direktinvestitionen. Im Dachfondsgeschäft ist man vielleicht an 40, 50 oder 60 Unternehmen indirekt über ganz Europa beteiligt. Man hat dort eine deutlich breitere Streuung als bei Direktinvestitionen, wo wir im Mittel an zehn bis zwölf Unternehmen im DACH-Raum beteiligt sind. Allerdings hat man auf beiden Seiten dieselben Risiken. Man muss abwarten, wie sich die Situation weiter entwickelt.
Im Fund-of-Funds-Bereich sind Sie in europäischen Small-and-Micro-Cap-Fonds unterwegs, im Direktgeschäft im Lower-Mid-Market. Bestehen Synergien?
Die beiden Teams arbeiten unabhängig voneinander und mit Chinese Walls. Wir haben aber grundsätzlich als Firma dadurch ein besseres Verständnis für das Marktgeschehen und interessante Trends als jemand, der nur in einem dieser Bereiche tätig ist. Die gegenseitige Befruchtung ist vermutlich einzigartig in unserer Branche. Im Direktgeschäft profitieren wir schon von dem europaweiten Blick, den man im Fondsgeschäft hat, während der Fund-of-Funds-Bereich den eigenen Markt über die Erfahrung des Direktinvestments besser versteht.
Mit welchen Herausforderungen haben die Unternehmen in Ihrem Portfolio zu kämpfen?
Aktuell mit denselben, mit denen sie bereits seit Jahren zu kämpfen haben. Das Hauptproblem ist fehlendes qualifiziertes Personal. Das betrifft alle Unternehmen, ganz gleich, in welcher Branche sie unterwegs sind. Ich glaube, wir könnten schneller wachsen, wenn wir mehr Personal bekommen könnten. Das Personalproblem ist derart dringend, dass es heute teilweise schon schwierig ist, seine Lieferversprechen einzuhalten, geschweige denn mehr Geschäft zu realisieren. Das Problem wird aktuell aber noch durch die Inflation verschärft, denn dadurch steigt der Druck, höhere Gehälter zu bezahlen.
Können Sie Ihren Unternehmen hier helfen?
Das tun wir nach Kräften. Wir haben in der Holding eine eigene Human-Resources-Abteilung geschaffen, die den Unternehmen bei der Personalsuche zur Seite steht. Wir empfehlen unseren Unternehmen, alles zu tun, um sich an den richtigen Stellen als attraktiver Arbeitgeber zu präsentieren. Was das im Einzelnen heißt, hängt von jedem Unternehmen ab. Es gibt kein Patentrezept. Eine Möglichkeit ist zum Beispiel ein Programm namens „Mitarbeiter findet Mitarbeiter“. Es behagt vor allem jungen Menschen, wenn sie von ihresgleichen angesprochen werden. Denen geht es immer mehr um die Sinnhaftigkeit dessen, was sie tun, und darauf müssen die Unternehmen eine Antwort haben.
Kann sich die Personalproblematik auf Ihre Akquisitionsentscheidungen auswirken?
Ja, die Personalverfügbarkeit ist ein wichtiges Kriterium – sie übersetzt sich schließlich in potenzielles Wachstum eines Unternehmens. Was wir auf dem Wohnungsmarkt sehen, spüren wir immer häufiger auch bei Unternehmen: den Zug in die Städte. Firmen in ländlichen Regionen haben es schwerer, Personal zu finden, als solche, die in städtischen Ballungsräumen sitzen.
Was unterscheidet das Private-Equity-Geschäft heute von früheren Zeiten?
Das Geschäft ist bedeutend komplexer geworden, wir müssen alle viel mehr Service leisten. Es ist deshalb auch wichtiger, sich zu spezialisieren. Bei alledem ist das Umfeld viel kompetitiver. Wir treten jetzt voraussichtlich in eine schwächere Phase ein, in der das Geschäft herausfordernder wird, aber auch chancenreicher.
Herr Bösenberg, wir danken Ihnen für das interessante Gespräch!
ZUR PERSON
Andreas Bösenberg
Geschäftsführer,
Nord Holding Unternehmensbeteiligungsgesellschaft mbH