Mit Verrechnungspreisen kann die Gewinnverteilung und damit die Steuerlast innerhalb einer Unternehmensgruppe aktiv gestaltet werden. Allerdings wird dieses Gestaltungspotenzial zunehmend eingeschränkt. Konkret liegt ein Gesetzentwurf vor – mit erhöhten Compliance-Risiken.
Zwischen den Gesellschaften einer Unternehmensgruppe findet im Tagesgeschäft ein reger Leistungsaustausch statt: So werden etwa Waren untereinander geliefert oder Dienstleistungen ausgetauscht. Der diesen gruppeninternen Leistungsbeziehungen beizumessende Wert wird als Verrechnungspreis bezeichnet. Er hat direkten Einfluss darauf, wie hoch der Gewinn und somit die Besteuerung der involvierten Gesellschaften ausfällt. Steuerlich anerkannt wird er deshalb nur dann, wenn der Fremdvergleichsgrundsatz eingehalten wird. Das bedeutet, dass der Preis so bemessen sein muss, wie er auch gegenüber einem Fremden verlangt worden wäre. Bereits jetzt muss dies in einer umfassenden Dokumentation nachgewiesen werden. Fehlt diese bzw. wird sie nicht rechtzeitig oder unvollständig vorgelegt, drohen empfindliche Strafzuschläge oder Schätzungen.
Das BEPS-Projekt
Die Möglichkeit international operierender Unternehmen, ihre Steuerlast durch Ausnutzen von Unterschieden in den Steuersystemen verschiedener Staaten zu verringern, war den Finanzministern weltweit ein Dorn im Auge. Deshalb wurden Ende 2015 von über 100 Ländern unter Führung der G20/OECD im Rahmen des sogenannten Base-Erosion-and-Profit-Shifting-(kurz: BEPS-)Projekts entsprechende Gegenmaßnahmen beschlossen. Ein Themenschwerpunkt dieser Maßnahmen: die Verrechnungspreise.
Deutscher Gesetzgeber bereits weit vorangeschritten
Die Bundesregierung hat am 13.7.2016 den Entwurf eines BEPS-Umsetzungsgesetzes auf den Weg gebracht. Das Gesetzgebungsverfahren hierzu soll noch in diesem Jahr abgeschlossen werden. Der Fokus des Gesetzes liegt auf der Implementierung einheitlicher, im Rahmen des BEPS-Projekts beschlossener Mindeststandards bei der Verrechnungspreisdokumentation.
Neu im Vergleich zu den bisherigen Regelungen ist dabei, dass in der lokalen Dokumentation, dem Local File, u.a. Angaben zum Zeitpunkt der Verrechnungspreisbestimmung gemacht werden müssen. Offensichtlich soll damit die Fremdüblichkeit der Verrechnungspreise in Zukunft verstärkt auf Basis der Preisfestlegungssystematik geprüft werden und weniger – wie bisher in der Praxis häufig der Fall – auf Basis der aus den zugrunde gelegten Preisen resultierenden Ergebnisse.
Darüber hinaus sieht der Gesetzentwurf die Verpflichtung zur Erstellung eines gesellschaftsübergreifenden Master Files vor, wenn das betreffende Unternehmen im vorangegangenen Wirtschaftsjahr einen Umsatz von mindestens 100 Mio. Euro erzielt hat. Inhalt ist insbesondere eine Darstellung der Struktur der Unternehmensgruppe insgesamt und der Verrechnungspreispolitik. Besonderer Fokus liegt dabei auf der Darstellung von immateriellen Werten, die für die Wertschöpfung der Gruppe wesentlich sind.
Neu ist auch die Verpflichtung zur Erstellung eines länderbezogenen Berichts (Country-by-Country-Report) durch die Konzernobergesellschaft, wenn die konsolidierten Umsatzerlöse der Unternehmensgruppe mindestens 750 Mio. Euro betragen. Gegenstand dieses Berichts ist insbesondere eine nach Steuerhoheitsgebieten gegliederte Übersicht verschiedener Kennzahlen (etwa Anzahl Mitarbeiter, Umsatzerlöse, Gewinne oder gezahlte Steuern), die den Steuerbehörden eine Einschätzung ermöglichen soll, wo eine intensivere Prüfung notwendig ist.
Maßnahmen auf EU-Ebene
Infolge des BEPS-Projekts wurde auf EU-Ebene der automatische Informationsaustausch zu grenzüberschreitenden steuerlichen Vorbescheiden und Vorabverständigungen über Verrechnungspreise zwischen international verbundenen Unternehmen (Tax Rulings) beschlossen. Zudem ist geplant, dass die vorstehend beschriebenen Country-by-Country-Reporte zwischen den Mitgliedstaaten automatisch ausgetauscht werden.
FAZIT
Der wesentliche Effekt aus all diesen Maßnahmen ist, dass die Unternehmen für die Finanzverwaltungen wesentlich transparenter werden. Einer konsistenten Verrechnungspreisdokumentation kommt deshalb eine wesentlich größere Bedeutung als bisher zu, wenn steuerliche Gewinnkorrekturen und damit verbundene Doppelbesteuerungen vermieden werden sollen. Unternehmen sollten sich vor diesem Hintergrund zeitnah und intensiv mit den Neuregelungen beschäftigen und sich hierauf vorbereiten.
Zur Person
Christian Zimmermann ist Steuerberater und Fachberater für Internationales Steuerrecht bei Ebner Stolz in Stuttgart
www.ebnerstolz.de
Christian Zimmermann ist Steuerberater und Fachberater für Internationales Steuerrecht bei Ebner Stolz in Stuttgart