Circular Business: Profitable, smarte und grüne Geschäftsmodelle

Das Thema Nachhaltigkeit mit CO2-Footprint, Recycling und nachwachsenden Rohstoffen gehört auf die Management-Agenda von Unternehmerinnen und Unternehmern.
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Das Thema Nachhaltigkeit mit all seinen Facetten, vom CO2-Footprint und Recycling über nachwachsende Rohstoffe bis hin zur sozialen Verantwortung im eigenen Unternehmen und in der Lieferkette, ist täglicher Bestandteil der medialen und politischen Agenda – zu Recht. Und es gehört ebenso auf die Management-Agenda von Unternehmerinnen und Unternehmern. 

Es reicht nicht, Nachhaltigkeit mit ein paar flotten Posts, bunten Marketingaktionen und dem Pflanzen von Bäumen nebenher zu erledigen. Dies wird recht schnell als „green washing“ entlarvt. Vielmehr entsteht durch die Transformation zu einer kreislauforientierten und nachhaltigen Wirtschaft die Möglichkeit, innovative Lösungsangebote für anspruchsvollere Kunden und neue Märkte zu gestalten. Im Unterschied zum Privaten kommt für Unternehmen jenseits von Idealismus und Überzeugungen jedoch auch die unternehmerische Verantwortung hinzu: Nur wer die ökonomischen Möglichkeiten und Freiheitsgrade hat, kann Veränderungen aktiv gestalten. Somit gehört auch ein langfristig und ertragsorientiertes Wirtschaften zu den Zielen von Unternehmerinnen und Unternehmern, das in nachhaltigen Geschäftsmodellen umgesetzt werden muss.

Nachhaltigkeits-Agenda als Orientierungsrahmen

Zum Vergrößern bitte anklicken. Quelle: Circular Business – Mit Nachhaltigkeit zu profitablen, smarten und grünen Geschäftsmodellen, Dr. Wieselhuber & Partner

Vor der Entwicklung von nachhaltigen Geschäftsmodellen und der Kreislaufwirtschaft steht die Festlegung von Richtung und Reichweite des eigenen unternehmerischen Gestaltungsraumes. In der klassischen Strategieliteratur als Vision und Mission beschrieben, bildet heute eine weiter gefasste Nachhaltigkeits-Agenda die Leitplanken für Unternehmenszweck, Ziele und Verantwortung. An Anknüpfungspunkten für die Entwicklung der eignen Nachhaltigkeits-Agenda gibt es keinen Mangel: Da sind die 17 „Sustainable Development Goals“ der UN sowie eine Vielzahl an Anforderungskatalogen, Richtlinien und Zertifizierungen für „Corporate Social Reponsibility“ (CSR) und „Environmental Social Governance“ (ESG). Einmal definiert ist dieser Orientierungsrahmen nicht nur Selbstzweck, sondern hat mit Blick auf Mitarbeitende und für das Employer Branding bereits einen konkreten Nutzen. Gerade junge Talente möchten neben coolen Produkten und Services bei einer „purpose driven Company“ arbeiten.

Die Stunde der Strategen

Drei Geschäftsmodelle für die Kreislaufwirtschaft bilden die Grundlage für die individuelle Gestaltung eines Circular Business. Die Option „reduce“ zielt dazu auf die Minimierung des Einsatzes finiter Rohstoffe und die Maximierung von kreislaufgeführten und nachwachsenden Wertstoffen. Einen weitreichenderen Paradigmenwechsel stellt die Option „reuse“ dar. Dabei steht die Kapitalisierung des längstmöglichen Produktlebenszyklus bei minimalem Ressourceneinsatz im Vordergrund und nicht wie in fast allen produzierenden Industrien die Output- und Absatzmaximierung. Am konsequentesten mit Blick auf die Kreislaufwirtschaft ist die Option „recycle“ zur Vernetzung mit Partnern in vor- und nachgelagerten Wertschöpfungsstufen für den kontrollierten Ringschluss von Material und Informationsflüssen in der Kreislaufwirtschaft. Dies sind entweder „closed-loop-solutions“ für einzelne Produkte und Anwendungen oder „open-loop-Lösungen“ für ausgewählte Stoffströme und offen zur Integration möglichst vieler Marktteilnehmer.

Innerhalb des Orientierungsrahmens aus der Nachhaltigkeits-Agenda lassen sich innovative Geschäftsmodelle für das eigenen Unternehmen meist entlang grundsätzlicher Fragestellungen entwickeln:

  • Wo entwickeln sich neue Marktsegmente und Kundengruppen, welche Geschäftsbereiche schrumpfen oder brechen weg?
  • Wo ermöglicht die Kreislaufwirtschaft verteidigungsfähige Wettbewerbsvorteile?
  • Welche Geschäftsmodelle in der Kreislaufwirtschaft steigern den Unternehmenswert langfristig?
  • Was steigert die Attraktivität der Marke und des Unternehmens?
  • Wie kann das Geschäftsrisiko aus der Transformation zur Kreislaufwirtschaft minimiert werden?

Dabei ist zu beachten, dass Strategieprozesse hier nicht selten im Dschungel der Möglichkeiten stocken, der sich aktuell aus der Vielzahl an Schlagworten und Themen ergibt. Hier hilft es klar zu trennen, was gehört in die Nachhaltigkeits-Agenda mit dem zugehörigen Reporting und den Zertifizierungen, was betrifft Geschäftsmodelle mit Informations-, Waren- und Geldflüssen zwischen dem eigenen Unternehmen und Lieferanten, Kunden, der Entsorgung und Wertstoffsammlung sowie der Rückführung in den Wertstoffkreislauf.

Problemfeststeller versus Problemabsteller

Unternehmerische Erfolge mit innovativen Geschäftsmodellen in der Kreislaufwirtschaft basieren auf einer konsequenten Umsetzung − so weit die Binsenweisheit. Tatsächlich bietet der Eintritt in unternehmerisches Neuland gegenüber dem Ist jedoch erstmal zahlreiche Möglichkeiten für Bedenken und die Feststellung von Problemen. Hier hilft, dass mit Blick auf die notwendige Transformation in den Bereichen Operations, Digitalisierung und Finanzierung die gleichen Erfolgstreiber gelten, wie in „linearen Geschäftsmodellen“. Der notwendige Buy-in von Managern und ganzen Unternehmensbereichen kann so konstruktiv moderiert werden.

So bleiben für die Produktion die allgemeinen Ziele zur Kosteneffizienz aus minimalem Ressourceneinsatz und der Vermeidung von Verschwendung unvermindert gültig. Gleiches gilt für die Vernetzung von Steuerungs- und Planungsprozessen mit vor- und nachgelagerten Wertschöpfungsstufen. Der Unterschied ist einzig, dass diese in der Kreislaufwirtschaft von der Kür zur Pflicht werden.

Auch der Digitalisierung kommt „nur“ eine größere aber keine neue Bedeutung zu. Sie zielt weiterhin auf Erfolgshebel, wie die Automatisierung von skalierbaren und effizienten Prozessen und die Vernetzung von Datenflüssen und deren Nutzung als Information in besseren Entscheidungsprozessen oder als eigenständiges Asset in digitalen Geschäftsmodellen.

Mit der Gestaltung der Finanzierungsstruktur und Bereitstellung notwendiger und günstiger Finanzmittel liefert auch das Finanz-Resort einen grundlegenden Erfolgsbeitrag für das Unternehmen. So auch für die Kreislaufwirtschaft: ESG-basierte Rating-Kriterien kommen zunehmend auch bei den klassischen Geschäftsbanken zum Einsatz und nicht nur bei innovativen Finanzierern und globalen Investmenthäusern. Zugleich wächst der Markt für projektbezogene ESG-Finanzierungen schnell und kann so die individuelle Transformation unterstützen.

Fazit

Mit der Transformation zu einer kreislauforientierten und nachhaltigen Wirtschaft ändert sich der unternehmerische Werkzeugkasten nicht. Um Kreativität und Unternehmertum auszuschöpfen, gibt es konkrete Ansatzpunkte, die man nutzen kann und muss. Gepaart mit der notwendigen Konsequenz in der Umsetzung, überwiegen die Chancen bei weitem die Herausforderungen, die sich aus den Veränderungen ergeben.

Weitere Informationen im aktuellen Dossier „Circular Business – Mit Nachhaltigkeit zu profitablen, smarten und grünen Geschäftsmodellen“.


 

Autorenprofil
Dr. Stephan Hundertmark

Dr. Stephan Hundertmark ist Mitglied der Geschäftsleitung bei der Dr. Wieselhuber & Partner GmbH und leitet den Bereich Chemie und Kunststoffe. Vor seinem Einstieg 2011 bei Dr. Wieselhuber & Partner war er u.a. als Projektmanager, Lehrbeauftragter und Management-Trainer tätig. Er ist Dozent an der TU München und regelmäßiger Autor von praxisorientierten Beiträgen zur strategischen Ausrichtung von Unternehmen.

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