Erst vor Kurzem eröffnete der Automobilzulieferer Swoboda Hartmann ein Werk in China. Im Interview erklärt der Geschäftsführende Gesellschafter der Swoboda Hartmann Holding Dr. Matthias Groth, warum die Internationalisierung alternativlos war und wieso das Unternehmen mit den Autobauern mitzieht.
Herr Dr. Groth, ist es für Automobilzulieferer ein Muss, ins Ausland zu gehen?
Das Thema Internationalisierung ist für uns nicht „nice to have“. Die Internationalisierung gehört zwangsläufig dazu. Getrieben ist sie innerhalb Europas rein durch die Kostensituation. Das führte bei Swoboda Hartmann dazu, dass wir heute auch in Tschechien oder Rumänien mit Werken vertreten sind.
Gibt es für die Automobilindustrie Deutschland noch als eigenständigen Markt?
Nicht auf der Produktionsseite. Schon seit vielen Jahren ist Europa produktionsseitig ein homogener Markt. Dem Fahrzeughersteller ist es völlig egal, ob die Teile, die er von uns bekommt, in Deutschland oder anderen europäischen Ländern von uns gefertigt wurden. Er möchte die günstigste Möglichkeit haben, weil der Kostendruck in der Branche extrem hoch ist. Müssen die Produkte hochautomatisiert gefertigt werden, machen wir das in Deutschland. Bei sehr einfachen Prozessen kommen sie aus Rumänien.
Welche Rolle spielt der chinesische Markt?
Eine riesige. China ist mittlerweile der größte Einzelmarkt weltweit. In Europa werden jährlich 17 Mio. Fahrzeuge verkauft. In den USA sind es ebenfalls rund 17 Mio. Autos. In China sind es 19 Mio. Fahrzeuge. Mittlerweile verkauft Volkswagen nicht nur 30% der PKWs, sondern baut auch 30% der Autos dort.
Welche Gründe hat das?
China hat einen sehr großen Binnenmarkt mit einer enormen Kaufkraft. Deswegen wollen die Chinesen natürlich auch die Wertschöpfung im Land haben. Die Autos sollen nicht nur dort zusammengebaut werden. Die Chinesen wollen auch, dass die Zulieferer dort die Teile produzieren. Intelligent steuern sie das über Zölle. Kommt ein fertiges Auto nach China, ist der Zoll extrem hoch. Wird ein Auto innerhalb Chinas gebaut, kann es sogar Subventionen geben, in nicht unwesentlicher Höhe. Das führt zu hohen Anreizen und zum Ergebnis, dass die Autos vor Ort gefertigt werden.
Die Automobilhersteller, die im Ausland fertigen, wollen aufgrund ihrer Plattformstrategien heute mehr denn je, dass auch ihre Zulieferer global präsent sind. Das führt dazu, dass etwa der Auftrag für ein Europavolumen an Teilen vergeben werden soll, das dann allerdings nur derjenige bekommt, der auch in der Lage ist, diese Teile in China zu fertigen. So ist unser chinesisches Werk eine immer wichtiger werdende Voraussetzung für den Erhalt von Aufträgen auch für den deutschen Standort.
Haben Sie in China Angst vor Ideenklau?
Bedingt, da wir Teile produzieren, die technisch extrem anspruchsvoll sind. Das bedarf sehr vieler unterschiedlicher Fachdisziplinen, die wir aufbauen und vorhalten müssen. In China können wir in unserer Fabrik mittelkomplexe Prozesse abbilden und sind technisch auf dem Niveau vergleichbar mit unserem tschechischen Werk.
Haben Sie Mitarbeiter mit nach China genommen?
Unser Standortleiter in China ist Deutscher. Daneben sind drei deutsche Mitarbeiter aus wichtigen technischen Funktionen von unserem Stammhaus nach China entsandt. Sie sind jeweils für drei Jahre dort. Alle weiteren Mitarbeiter sind Chinesen, die vor Ort ausgebildet werden, die aber auch in Deutschland gelernt haben.
Wie viele Mitarbeiter haben Sie dort?
Derzeit fährt die Produktion hoch und es arbeiten dort rund 60 Mitarbeiter. In drei Jahren werden es einige Hundert sein. Im August hatten wir die offizielle Einweihung. Seit Januar läuft bereits die Produktion. Momentan sind wir an der Planung für den zweiten Bauabschnitt.