Bei den Business Leaders spricht Thomas Jessulat, CFO der ElringKlinger-Gruppe, über einschneidende Veränderungen in der Automobilindustrie. Die Existenz der Zulieferer hänge deshalb von ihrer Fähigkeit ab, strategische Entscheidungen zu treffen.
Thomas Jessulat weiß, dass es für die Automobilindustrie in den nächsten Jahren ums Ganze geht: „Wir befinden uns in einem nie dagewesenen Wandel“, sagt er bei den Business Leaders im Bayerischen Hof. Die ElringKlinger AG ist Weltmarktführer für Zylinderkopfdichtungen mit einem Konzernumsatz von 1,5 Mrd. Euro. Eigentlich ist der Titel seines Vortrags „Wachstum durch Innovation“. Doch irgendwie ist diese Innovation noch nicht da, ist das Patentrezept trotz hohen Aufwands für die Elektromobilität noch nicht gefunden: „Bisher haben wir da kräftig draufbezahlt, befinden uns nun jedoch auf dem richtigen Weg.“
Gerade für die ElringKlinger AG als börsennotiertes Familienunternehmen ist dieses Tüfteln ohne Ertrag eine komplizierte Gemengelage. Der Aktienkurs weist in den vergangenen beiden Jahren einen Abwärtstrend auf. Die Talsohle war im Dezember 2016 erreicht, seitdem geht es tendenziell wieder bergauf. Der Grund für das schwierige Marktumfeld ist auch, dass ElringKlinger immer stärker in die Forschung und Entwicklung von Elektromobilität investiert.
Bauchgefühl und Tatendrang
Der steinige Weg muss aber nach Jessulat in den nächsten Jahren so weitergegangen werden, um bei einem Trend, der „nicht mehr aufzuhalten“ sei, dabei zu sein. Deswegen betont der CFO immer wieder, dass es Mut brauche, Entscheidungen zu fällen. Als Argumente führt er viele Entscheidungen ins Feld, die sich für ElringKlinger im Nachhinein als richtig erwiesen haben. Als Beispiel nennt er die Übernahme der Hummel-Gruppe im Jahr 2011, durch die der Anteil der Kunststoffteile am Umsatz – als emissionsarme Alternative zu Metall – stark erhöht wurde.
Jessulat spricht ebenfalls über schlechte Entscheidungen, wie etwa teure Anlagen für Dieselpartikel. Auch die hohen Erwartungen an die ASEAN-Region haben sich für ElringKlinger bis dato nicht erfüllt: „Eine gute Führungskraft muss auch Fehler eingestehen“, resümiert er. Aber wichtig ist für Jessulat, dass man überhaupt Entschlüsse fasst, bevor sie einem von der Zeit abgenommen werden. Bei Entscheidungen vertraut er deshalb auf zwei Kriterien: „ein gutes Bauchgefühl und Tatendrang.“
Elektromotoren weniger komplex
Die gesamte Zulieferbranche sieht sich derzeit mit ähnlichen Herausforderungen konfrontiert. Auf der einen Seite dringt die Politik mit Gesetzen und Regularien auf Innovationen. Auf der anderen Seite fehlt bislang die Nachfrage, um Investitionen in die Elektromobilität zu stützen. Ein Dilemma, das wohl nur große Firmengruppen mit entsprechenden Kapitalreserven lösen können.
Hinzu kommt ein besonderes Problem deutscher Zulieferer. Da Elektromotoren weniger komplex aufgebaut sind als Verbrennungsmotoren, werden künftig viele Komponenten schlichtweg nicht mehr gebraucht. Für spezialisierte Automobilzulieferer stellt diese Entwicklung das gesamte Geschäftsmodell infrage: „Was früher eine Stärke war, kann sich zu einer Schwäche entwickeln“, konstatiert Jessulat. Insgesamt können seiner Ansicht nach bis zu eine Million Arbeitsplätze in der Industrie wegfallen.
High-End-Elektromobilität
Auch wenn Jessulat den Wandel für einen Fakt hält, glaubt er doch nicht an den schnellen Umbruch im Markt. Deshalb setzt er auf eine Spartenlösung mit hochwertigen Lösungen für die neue Technologie: „Wir glauben an den Markt High-End-Elektromobilität“. Es ist seine Antwort auf das, was er schon heute das E-Zeitalter nennt.
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Als Redakteur bei der Unternehmeredition leitet Volker Haaß die Online-Aktivitäten sowie die Sonderpublikationen der Plattform. Dazu gehört unter anderem die FuS – Zeitschrift für Familienunternehmen und Strategie.