Business Angels: Wo Sinn auf Rendite trifft

Wie Investoren mit Weitblick Start-ups auf ihrem Weg zum Erfolg begleiten

Doch außerhalb dieser Fernsehshow agieren Business Angels als besondere Spezies der Privatinvestoren in der Regel abseits des Rampenlichts.
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Business Angels sind so unterschiedlich wie die Start-ups, in die sie investieren. Als Privatinvestoren engagieren sie sich nicht nur mit Geld, sondern zusätzlich als Sparringspartner und Berater. Sie erhalten ihre Motivation auch durch den Sinn, den ihr monetärer und persönlicher Einsatz stiftet. Netzwerke wie die win NRW.Bank Business Angels Initiative helfen ihnen bei diesem Engagement. 

Ein Gesicht erhalten Business Angels vor allem in der „Höhle der Löwen“ durch Frank Thelen, Carsten Maschmeyer und Co. Doch außerhalb dieser Fernsehshow agieren Business Angels als besondere Spezies der Privatinvestoren in der Regel abseits des Rampenlichts. Hauptgrund für diese Diskretion: Der Markt für Start-up-Investments ist unübersichtlich und eher privat. Es gibt zum Beispiel nur sehr wenig öffentlich verfügbare Informationen darüber, welche Start-ups gerade wie viel Geld benötigen. Zudem meiden Business Angels häufig das Rampenlicht und agieren im Hintergrund.

Dabei zeigen Business Angels durchaus einige Gemeinsamkeiten: Es handelt sich um Privatpersonen, die allesamt recht rational mit ihrem Vermögen umgehen. Sie haben ihr Vermögen in der Regel divers investiert, basierend auf den klassischen Portfolioempfehlungen von Aktien bis hin zu Edelmetallen. Einen Großteil ihres Vermögens überlassen sie Spezialisten in Vermögensberatung und -verwaltung. Als Business Angels investieren sie in aller Regel nur in einem solchen Maße in Start-ups, dass ein Totalverlust keine finanzielle Krise auslösen würde. Denn allen ist die Statistik bewusst: Neun von zehn Start-ups scheitern früher oder später.

Noch eine Gemeinsamkeit eint Business Angels: Sie waren oder sind Unternehmer. Manche haben Unternehmen gegründet, andere sind in bestehende Unternehmen eingestiegen. Aufgrund ihrer eigenen beruflichen Erfahrung bringen sie Verständnis für die Herausforderungen von Start-ups mit.

„Echte unternehmerische Investments bringen die meiste Rendite“

Ein Blick auf die einzelnen Business Angels lässt die individuelle Situation und Motivationslage zutage treten. Der Radiologe Dr. Christoph Labisch beispielsweise trat in den 2000ern als Partner in eine radiologische Gemeinschaftspraxis in Herne ein und war viele Jahre neben dem operativen Geschäft auch für die Digitalisierung und für die Praxis-IT zuständig. 2016 fand sich niemand, der die von den anderen radiologischen Gesellschaftern aus Altersgründen frei werdenden Anteile übernehmen wollte. So wurde sie als erste radiologische Praxis in Deutschland von Privatinvestoren übernommen, die sie später an eine Beteiligungsgesellschaft weiterverkauften. Dies verschaffte Dr. Labisch eine solide Vermögensbasis und die Erkenntnis: „Echte unternehmerische Investments bringen die meiste Rendite.“

Dr. Labisch blieb zunächst COO der neu gegründeten radiologischen Unternehmensgruppe und wechselte später in die Rolle des Innovationsmanagers. In dieser Funktion bewertete er für die neuen Eigentümer nahezu jede Woche Firmen, um das eigene Wachstum durch Zukäufe zu stärken. Einige Start-ups waren zu klein oder zu jung für ein Investment. „Ich sah dort enormes Potenzial und investierte 2022 erstmals selbst in ein Start-up“, erzählt Dr. Labisch. Traf er seine Investmententscheidungen anfangs aus dem Bauch heraus, wurden sie mit der Zeit professioneller. Dazu trugen die Mitgliedschaft im Bundesverband der Business Angels Deutschland (BAND) und in der von der NRW.Bank organisierten win NRW.Bank Business Angels Initiative bei. An diesen Netzwerken freut ihn: „Die Treffen sind wenig kompetitiv, eher wie ein Stammtisch, wo man sich die Bälle zuspielt.“

Inzwischen begleitet er ein Dutzend Start-ups und investiert derzeit etwa 20, manchmal auch 30 Stunden pro Woche. „Viel mehr schafft ein Business Angel nicht“, ist Dr. Labisch überzeugt. Sein Engagement beschreibt er als „Mentoring, das mich mein ganzes Berufsleben begleitet hat“ – von der eigenen Praxis über die Unterstützung in der Ausbildung von Medizinischen Fachangestellten bis zum Dasein als Sparringspartner für Start-up-Gründerteams. „Wenn alles gut läuft, dann hat mein Engagement einen positiven Impact auf das Gesundheitssystem und damit auf unsere Gesellschaft. Die finanzielle Rendite ist da nicht mehr so wichtig, solange es im Schnitt keine massiven Verluste sind.“

Mittelständler mit Start-ups zusammenbringen

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Die Rendite ist auch für Jörg Gudat nicht der treibende Faktor. Der Maschinenbauer aus Bochum hatte bereits während des Studiums sein erstes IT-Unternehmen aufgebaut. Heute leitet er die Gudat Holding, die „immer in der Familie bleiben“ werde. Seine Beteiligungen und mehr als 20 Engagements als Business Angel hingegen sind auf Exit ausgelegt. Dabei sind die Branchen breit gefächert, vom Beautyprodukt bis zum Lastenfahrrad. Im erweiterten Vorstand der Business Angels Agentur Ruhr arbeitet er mit am Start-up-Ökosystem ebenso wie mit seinem Beratungsunternehmen und den Labs.ruhr, die er aus der Taufe gehoben hat: „Mein Engagement ist zukunftsweisend für das ganze Ruhrgebiet“, sagt Gudat. In seiner Idealvorstellung bringt er Mittelständler aus seiner Beratungspraxis mit Start-ups zusammen: Der Mittelständler gewinnt die Innovation, die er inhouse nicht hat, und das Start-up hat seinen ersten Pilotkunden.

Investmentverein sorgt für Schwarmintelligenz

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Auch der Düsseldorfer Josef Rentmeister war schon in jungen Jahren mit einer eigenen kleinen Softwarefirma unternehmerisch tätig. Später arbeitete er als Deutschlandmanager bei Cisco. Der Netzwerkausstatter kaufte zahlreiche Unternehmen, allerdings keine von ihm begutachteten Firmen in Deutschland. Deren Beteiligungskapitaleigentümer luden ihn daraufhin ein, mit diesen Unternehmen privat zusammenzuarbeiten – als Investor ebenso wie als Aufsichtsrat. Einige schafften es sogar an die Börse. „Kapital hatte ich ausreichend durch meinen Unternehmensverkauf und erfolgreiche Investments in andere Assetklassen“, schildert Rentmeister. So legte er sich das „anspruchsvolle Hobby“ als Business Angel zu und setzt dabei inzwischen auf Schwarmintelligenz. Mit Gleichgesinnten gründete er einen Verein: den Investment Advisery Club Düsseldorf (IACD). Auch seine Motivation ist vielschichtig. „Im Grunde bin ich bei meinem Engagement als Business Angel eher altruistisch motiviert – ich mag es einfach, als Senior Expert junge Unternehmen zu unterstützen. Ebenso mag ich es, mit meinen Investmentfreunden gemeinsam die Technologien und Geschäftsmodelle der Start-ups zu analysieren“, sagt Rentmeister.

Beim ersten Pitch hat es gefunkt

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Auch die NRW.Bank kultiviert das Business-Angel-Ökosystem: Vor etwa einem Jahr fand Dr. Gerald Gast Zugang zur win NRW.Bank Business Angels Initiative. Schon beim ersten Pitch-Event funkte es. Der frühere Versicherungsmanager und heutige Unternehmensberater besuchte das Medizintechnik-Start-up Elixion Medical, das Auslesegeräte für Katheter entwickelt, fasste Vertrauen in die Gründenden und investierte. „Mein Antrieb ist eine Mischung aus Neugierde, ein junges Unternehmen hautnah mitzuerleben, und die Möglichkeit, eine sinnvolle Entwicklung auch mit meiner Vertriebserfahrung voranzutreiben“, beschreibt er sein bislang einziges Investment als Business Angel.

Dr. Gast legt Wert darauf, dass es sich bei einem Investment nicht um riesige Summen handeln muss. „Schon ein mittlerer fünfstelliger Betrag von mehreren Investoren kann für junge Unternehmen ausreichen, damit sie ihren Weg weitergehen können.“ Auch ihm geht es nicht in erster Linie ums Geld: „Andere laufende Vermögenserträge werden meine Rentenzahlungen sein.“ Investments in Start-ups seien mindestens auf fünf bis sieben Jahre angelegt. „Erst danach gibt es eine mögliche Rendite.“

Business Angels unterstützen die Zukunft des Standorts

© NRW.Bank/Christian Lord Otto

Diese Business Angels zeigen, dass es ihnen um mehr geht als rein monetäre Rendite: Sie haben Freude an Innovationen, setzen sich für die Zukunft des Standorts Deutschland ein und wollen jungen Gründern ein erfolgreiches Unternehmertum ermöglichen. „Wir unterstützen die Aktivitäten und Netzwerke von Business Angels, weil ihr Engagement Wachstum für die gesamte Region schafft“, sagt Johanna Tjaden-Schulte, Vorständin der NRW.Bank. „Sie ermöglichen, dass sich Start-ups mit ihren Innovationen entwickeln können, und gestalten die wirtschaftliche Zukunft Nordrhein-Westfalens mit.“

👉 Dieser Beitrag ist in der Unternehmeredition-Magazinausgabe 4/2024 mit Schwerpunkt “Unternehmervermögen” erschienen.

Autorenprofil
Judith Mertens
Judith Mertens

Judith Mertens ist in der NRW.Bank ebenfalls verantwortlich für die Organisation der win NRW.Bank Business Angels Initiative. Sie betreut zusammen mit Dr. Antonia Nörthemann Start-ups, gewinnt Business Angels, organisiert Veranstaltungen und hält engen Austausch mit Start-up- und Investorennetzwerken und Veranstaltern.

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Dr. Antonia Nörthemann
Dr. Antonia Nörthemann

Dr. Antonia Nörthemann ist in der NRW.Bank verantwortlich für die Organisation der win NRW.Bank Business Angels Initiative. Sie betreut Start-ups, gewinnt Business Angels, organisiert Veranstaltungen und hält engen Austausch mit Start-up- und Investorennetzwerken und Veranstaltern.

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