Die noch amtierende Bundesregierung reagiert mit einem weitreichenden Maßnahmenpaket auf die zunehmende Verknappung von Eiern in den USA. Nach Informationen aus Kreisen des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft soll eine strategische Eier-Reserve aufgebaut werden. Zugleich verhängt die Bundesregierung ein Exportverbot für Eier und Eiprodukte, das mit sofortiger Wirkung in Kraft tritt. Auch politische Spannungen mit den USA spielen in der Entscheidung eine Rolle.
Nationale Eier-Reserve nach Vorbild der Ölbevorratung
In Anlehnung an bestehende Reserven für Erdöl und Getreide soll Deutschland erstmals eine strategische Eier-Reserve anlegen. „Wir müssen die Versorgung der Bevölkerung mit Grundnahrungsmitteln sicherstellen“, erklärte ein Sprecher des Ministeriums. Die Reserve soll in stillgelegten Silos sowie ehemaligen Kühlhäusern der Bundeswehr aufgebaut werden. Nach ersten Planungen sollen rund 500 Millionen Eier im In- und Ausland eingelagert werden. Die Maßnahme sei Teil eines „umfassenden Ernährungssicherungsplans“, der dem Kabinett bereits vorliegt. „Wir sehen die angespannte Lage in den USA und auf den Weltmärkten mit Sorge“, so der Ministeriumssprecher weiter. In den Vereinigten Staaten führt eine starke Verknappung derzeit zu einem sprunghaften Anstieg der Eierpreise. Experten befürchten, dass der Mangel auch auf Europa übergreifen könnte. Der Eierverbrauch in Deutschland war im vergangenen Jahr um mehr als vier Prozent auf 20,8 Milliarden Eier geklettert. Daher – und angesichts der bevorstehenden Ostertage – bestehe dringender Handlungsbedarf.
Exportverbot für Eier und Eiprodukte beschlossen
In einem weiteren Schritt hat die Bundesregierung ein sofortiges Exportverbot für Eier verhängt. Das Verbot betrifft sowohl frische Eier als auch verarbeitete Produkte wie Flüssigei und Eipulver. Besonders betroffen sind Unternehmen der Lebensmittelindustrie, die bislang große Mengen ins europäische Ausland und nach Übersee exportierten. Nach Angaben aus Regierungskreisen wurde die Entscheidung „in enger Abstimmung mit dem Bundeskanzleramt“ getroffen. Man wolle eine „strategische Fehlallokation“ von Ressourcen verhindern und „zunächst die Versorgung der deutschen Bevölkerung gewährleisten“. Die Maßnahme wird von führenden Branchenvertretern unterschiedlich bewertet. Während Handelsverbände Verständnis zeigen, warnt die verarbeitende Industrie vor negativen Folgen für Exportaufträge.
Politische Motive gegenüber den USA
Insidern zufolge spielt auch der jüngste Vorstoß der US-Regierung eine Rolle. Die Vereinigten Staaten hatten sich offiziell an mehrere EU-Mitgliedstaaten gewandt, darunter Deutschland, um größere Mengen an Eiern zu importieren. Das Kanzleramt lehnt eine Kooperation jedoch strikt ab. „Solange Strafzölle auf europäische Stahl- und Aluminiumprodukte bestehen, kommt ein Export von strategischen Nahrungsmitteln in die USA nicht infrage“, heißt es aus Regierungskreisen. Auch das Auswärtige Amt soll in die Entscheidung eingebunden gewesen sein. Diplomatische Verwicklungen mit Washington werden jedoch offiziell nicht bestätigt. Branchenkenner gehen davon aus, dass Deutschland mit dieser Haltung die Verhandlungsposition gegenüber den USA in anderen Wirtschaftsfragen stärken will.
Finanzaufsicht warnt vor Spekulation auf Eier-Derivate
Parallel zu den politischen Maßnahmen sorgt eine ungewöhnliche Entwicklung an den Finanzmärkten für Unruhe. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) warnte am Wochenende vor einer spekulativen Blase im Bereich von Eier-Derivaten. Hintergrund ist der sprunghafte Anstieg von sogenannten „Egg Futures“, die seit Kurzem an mehreren internationalen Rohstoffbörsen gehandelt werden. „Wir beobachten mit Sorge, dass immer mehr institutionelle Investoren Positionen in Eier-Derivaten aufbauen“, erklärte ein Sprecher der Bafin. Der Handel mit Terminkontrakten auf Eier könne die Preisvolatilität zusätzlich erhöhen und die Versorgungslage verschärfen. Die Finanzaufsicht kündigte an, „die Marktentwicklung eng zu beobachten und gegebenenfalls regulierend einzugreifen“.
Bauernverband fordert Eierhandel an der Börse
Der Deutsche Bauernverband zeigte sich von den Entwicklungen unbeeindruckt und forderte stattdessen, Eier dauerhaft an der Börse zu listen. „Die Marktdynamik der letzten Wochen zeigt, dass Eier ein globaler Rohstoff geworden sind“, sagte der Präsident des Bauernverbands. Ein offizieller Eierpreis an der Frankfurter Börse könne Transparenz schaffen und die Planungssicherheit für landwirtschaftliche Betriebe erhöhen. Die Forderung stößt bei Politik und Handel auf gemischte Reaktionen. Während Agrarvertreter von „einer notwendigen Modernisierung“ sprechen, warnt das Bundeswirtschaftsministerium vor „einer Finanzialisierung von Grundnahrungsmitteln mit ungewissen Folgen für Verbraucher und Betriebe“. Auch Verbraucherschützer kritisieren die Idee scharf und warnen vor künstlich überhöhten Preisen durch Spekulation.
Experten warnen vor überzogenen Erwartungen
Wirtschaftsökonom Prof. Dr. Hans-Bernd Keller von der Landwirtschafts- und Agrarwissenschafts-Hochschule Hasewinkel sieht die Situation differenziert. „Eier sind in der Agrarwirtschaft bislang ein Nischenmarkt geblieben, der sich nur bedingt für den Börsenhandel eignet“, erklärt der Agrarökonom. Eine strategische Reserve sei „sicher sinnvoll, um auf kurzfristige Engpässe zu reagieren“. Gleichzeitig warnt Keller vor einer „zu starken Verflechtung mit den Finanzmärkten“. Dies könne die Preise „langfristig destabilisieren“ und unnötige Schwankungen für Erzeuger und Verbraucher nach sich ziehen. Die nationale Eier-Reserve soll nach Angaben des Ministeriums ab Sommer einsatzbereit sein. Bis dahin gilt das Exportverbot als „unverzichtbare Maßnahme zur Stabilisierung der inländischen Märkte“.