Die starken Einschränkungen in Deutschland durch die Corona-Pandemie jähren sich zum ersten Mal. Der zeitweise Stillstand in den vergangenen zwölf Monaten hatte für die deutsche Wirtschaft gewaltige Folgen, wie eine neue Berechnung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zeigt: Der Verlust beim Bruttoinlandsprodukt (BIP) beläuft sich bislang auf 250 Milliarden Euro. Diese neuen Zahlen des IW bilden den Auftakt unserer Übersicht über aktuelle Wirtschaftsprognosen.
Mehr als 16.000 Unternehmen mussten Insolvenz anmelden, hinzu kommen 5.000 Zombieunternehmen. Geschlossene Geschäfte, gestörte Lieferketten, Millionen Menschen in Kurzarbeit: Die Pandemie hat fast alle Bereiche der Wirtschaft ins Mark getroffen. Neue IW-Berechnungen zeigen nun, welchen wirtschaftlichen Schaden die Pandemie bisher angerichtet hat: Demnach hat die Pandemie einen Wohlfahrtsverlust von 250 Milliarden Euro verursacht. Viele Unternehmen haben der Krise trotz der Insolvenzaussetzung und der Staatshilfen nicht standhalten können: 2020 sind nach IW-Schätzungen rund 16.300 Unternehmen pleite gegangen. „Die Corona-Krise war und ist ein Schock für die deutsche Wirtschaft, der seinesgleichen sucht“, sagt IW-Direktor Michael Hüther. „Die Hilfspakete der Bundesregierung und das Kurzarbeitergeld konnten zwar schlimmere Folgen abwenden. Allerdings haben die Auszahlungen der Hilfen lange, teilweise zu lange, auf sich warten lassen. Diese harte Phase haben nicht alle Unternehmen meistern können.“
Kurzarbeit steigt erneut
Die Zahl der Kurzarbeiter ist im Februar Nach Schätzungen des ifo Instituts um über 100.000 auf 2,8 Mio. Menschen gestiegen. Das entspricht 8,5 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, nach 8,1 Prozent im Januar. „Das Bild ist zweigeteilt: Während die Kurzarbeit vor allem in Hotels und Gaststätten sowie im Einzelhandel zunahm, ist sie in der Industrie rückläufig“, sagt ifo-Arbeitsmarktexperte Sebastian Link. Hotels und Gaststätten haben nach wie vor die meisten Kurzarbeiter mit 56,8 Prozent oder 604.000 Betroffenen. Vor allem die vom Shutdown betroffenen Unternehmen im Einzelhandel und Kfz-Handel greifen derzeit weiterhin verstärkt auf Kurzarbeit zurück. Im Gegensatz hierzu war in der Industrie ein deutlicher Rückgang der Kurzarbeit auf 7,4 Prozent oder 514.000 Personen zu verzeichnen.
Handwerksbetriebe leiden unter Corona
Das Handwerk leidet unter der Corona-Krise und den Eindämmungsmaßnahmen – wenn auch unterschiedlich stark. Das ergab die Frühjahrs-Umfrage der Creditreform Wirtschaftsforschung, an der gut 1.100 Handwerksbetriebe teilnahmen. Während die Geschäfte im Bauhauptgewerbe und im Ausbaugewerbe oftmals noch gut laufen, leiden nach dieser Untersuchung Kfz-Gewerbe und Nahrungsmittelhandwerk deutlich unter den Folgen. Insgesamt beurteilte das Handwerk die Geschäftslage merklich schlechter als im Vorjahr. Noch 62,7 Prozent der Befragten meldeten in diesem Zusammenhang ein „gut“ oder „sehr gut“. Im Vorjahr waren das noch 76,2 Prozent.
Anhand der Umsatzentwicklung lassen sich die Folgen der Corona-Krise für die Wirtschaftslage im Handwerk aber deutlich ablesen. Drei von zehn Betrieben verzeichneten in den letzten sechs Monaten einen Umsatzrückgang. Die zurückhaltenden Umsatzerwartungen spiegeln sich auch im Investitionsverhalten der Betriebe wider. Weniger als die Hälfte der befragten Betriebe wollen in der nächsten Zeit investieren. Für das Handwerk bildeten die sogenannte Soforthilfe sowie das Kurzarbeitergeld die wichtigsten Unterstützungsleistungen im Zuge der Corona-Krise. 25,4 bzw. 22,5 Prozent der Befragten haben diese Hilfen in Anspruch genommen.
Coronakrise bremst Forschung in der Industrie
Die Unternehmen in der Industrie haben im Corona-Jahr 2020 weniger für Forschung und Entwicklung ausgegeben. Das geht aus einer neuen Umfrage des ifo Instituts hervor. Demnach sank der Anteil auf 3,2 Prozent vom Umsatz, verglichen mit 3,5 Prozent im Durchschnitt der Jahre 2016 bis 2019. Insbesondere in der Autobranche sank der Anteil von 6,9 auf 4,8 Prozent. Selbst die Pharmabranche kürzte die Forschungsausgaben, von 7,2 auf 7,0 Prozent vom Umsatz. „Verstärkt wurde der Rückgang dadurch, dass gleichzeitig der Umsatz in vielen Branchen sank“, sagt Klaus Wohlrabe, Leiter der Umfragen beim ifo Institut. „Es gibt einen Lichtblick: Der Anteil der Firmen, die angeben Forschung und Entwicklung zu betreiben, ist immerhin von 65,8, auf 68,6 Prozent aller Unternehmen gestiegen“, fügt Wohlrabe hinzu.
Als Redakteur der Unternehmeredition berichtet Alexander Görbing regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Zu seinen Schwerpunkten gehören dabei Restrukturierungen, M&A-Prozesse, Finanzierungen sowie Tech-Startups.