Die durchschnittlichen Kaufpreise für europäische Mittelständler sind im vierten Quartal 2021 erneut gefallen, bleiben aber auf hohem Niveau. Das geht aus dem aktuellen Argos Index® Mid Market hervor, der heute von der unabhängigen europäischen Investmentgesellschaft Argos Wityu und der Onlineplattform Epsilon Research veröffentlicht wurde.
Der Argos Index® Mid Market fiel von 11x auf 10x EBITDA. Er verfolgt seit 2004 die Bewertungen nicht-börsennotierter Mittelständler in der Eurozone, an denen in den jeweils zurückliegenden sechs Monaten eine Mehrheit übernommen wurde. Es fanden weniger Transaktionen in den Bereichen Gesundheit und Technologie statt, dafür mehr in den Sektoren Industrie und Dienstleistungen. Die von Finanzinvestoren gezahlten Multiples fielen deutlich und näherten sich denen der strategischen Käufer weiter an.
Frank Hermann, Managing Partner von Argos Wityu in Frankfurt, kommentiert: „Wir sehen im Markt insgesamt eine Normalisierung der Bewertungen. Allerdings bestehen sehr große Unterschiede zwischen verschiedenen Branchen. In der Gesundheitsbranche oder im Technologiesektor werden weiterhin hohe Preise gezahlt, häufig mehr als 15x EBITDA. In der Industrie oder im Dienstleistungssektor liegen sie im Schnitt deutlich niedriger.“
Korrektur der Kaufpreise setzt sich fort
Der Argos Index® setzte im vierten Quartal die bereits im Vorquartal eingesetzte Korrektur fort und fiel auf 10,0x EBITDA. Der Wert ist nach wie vor hoch und entspricht dem Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre (2017–2021). Der Rückgang lag zum einen an der Branchenzusammensetzung (weniger Transaktionen in hoch bewerteten Sektoren). Zum anderen spiegelt er auch Sorgen über die Konsequenzen der Corona-Infektionswellen, das Zusammenbrechen von Wertschöpfungsketten, den rasanten Anstieg der Energie- und Rohstoffpreise und die Wahrscheinlichkeit einer erneuten Inflation wider.
Wettbewerb um hochwertige Übernahmeziele
Die von Finanzinvestoren gezahlten Multiples fielen in diesem Quartal deutlich, von 11,3x auf 10,0x EBITDA (-11,5%). Nachdem sie im zweiten Quartal Rekordhöhe erreicht hatten (12,9x EBITDA), setzte sich damit die Korrektur aus dem dritten Quartal fort. Auch dieser Rückgang ist darauf zurückzuführen, dass weniger Transaktionen in der Gesundheitsbranche und im Technologiesektor stattfanden. Die gezahlten Preise liegen dennoch weiter auf hohem Niveau, getrieben von günstigen Finanzierungsbedingungen und großen Mengen an anlagewilligem Investitionskapital. Die Multiples näherten sich den von strategischen Käufern gezahlten Multiples (9,9x EBITDA) an. Der Wettbewerb um hochwertige Übernahmeziele verschärfte sich gleichzeitig weiter.
Verstärkte Streuung der Multiples
Im vierten Quartal 2021 zeigte sich eine starke Streuung der Multiples, abhängig von der jeweiligen Branche. Besonders groß war die Abweichung zwischen den Branchen Gesundheitswesen/ Technologie und Industrie/Dienstleistungen, mit durchschnittlich mehr als 4x EBITDA. Während bei 26% der analysierten Transaktionen Multiples von mehr als 15x EBITDA (ein neuer Rekord) gezahlt wurden, lagen bei 15% der Transaktionen die Multiples unter 7x EBITDA.
Börsennotierte Unternehmen sehr aktiv
Die von strategischen Käufern gezahlten Multiples fielen im vierten Quartal auf 9,9x EBITDA. Dennoch waren Strategen weiterhin sehr aktiv am M&A-Markt, insbesondere börsennotierte Konzerne. 72% der Übernahmen durch Strategen entfielen auf sie. Zeitgleich mit den gezahlten Multiples gingen auch die Multiplies der börsennotierten Unternehmen selbst zurück.
Aktiver M&A-Markt im Mittelstand nach Zahlen
Im vierten Quartal 2021 stieg die M&A-Aktivität im Mittelstand nach Anzahl um 2% an und hielt sich damit auf einem hohen Niveau. Der Wert der Transaktionen sank hingegen um 13%. Damit blieb die M&A-Aktivität im Mittelstand hinter der weltweiten Entwicklung des gesamten M&A-Marktes zurück. Getrieben von den größten Übernahmen wuchs dieser um mehr als 60% auf Jahresbasis auf 5,8 Bio. USD. Das ist der höchste Stand seit 40 Jahren.
Als Chefredakteurin der Unternehmeredition berichtet Eva Rathgeber regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Sie verfügt über langjährige Erfahrung im Wirtschaftsjournalismus und in der PR.