Beiräte werden in Familienunternehmen wichtiger

Foto: © magele-picture - stock.adobe.com
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Der Beirat hat sich als zentrales Beratungs- und Kontrollgremium in Familienunternehmen etabliert. Laut einer aktuellen Umfrage der INTES Akademie für Familienunternehmen gemeinsam mit PwC verfügen knapp 80% der befragten Familienunternehmen über einen Beirat, Aufsichtsrat oder Verwaltungsrat. Weitere elf Prozent planen, in den nächsten Jahren ein entsprechendes Gremium einzurichten. Im Vergleich zu 2020 ist die Anzahl der Unternehmen mit Aufsichtsrat, Verwaltungsrat oder Beirat laut der Untersuchung leicht gesunken. Dies liege vor allem daran, dass an der damaligen Studie insbesondere größere Unternehmen teilgenommen haben. Grundsätzlich gelte: Je größer das Unternehmen, desto eher gibt es ein Beratungs- bzw. Kontrollgremium.

Bei einer Betrachtung der dieses Jahr befragten Familienunternehmen mit über 100 Mio. EUR Umsatz liege der Anteil an Gesellschaften mit Gremium bei 85%.  11% der befragten Familienunternehmen wollen auch in Zukunft keinen Beirat einrichten. Dabei handelt es sich vor allem um kleinere Unternehmen, die ein externes Gremium für eine Firma ihrer Größe als nicht notwendig erachten. Dr. Andreas Ludwig, Multi-Aufsichtsrat in österreichischen Familienunternehmen, betont die Vorteile: „Ein oder zwei Aufsichtsratsmandate, auch als aktiver Vorstand, machen Sinn, weil man von einem anderen Unternehmen noch was lernen kann oder Erfahrungen austauscht. Wenn es inhaltlich passt, profitiert davon auch das eigene Unternehmen.“

Vorteile eines Beirats

Ein Beirat bringe unabhängige Expertise und neue Kompetenzen ins Unternehmen, fungiere als Sparringspartner und ´Sounding´-Board für die Geschäftsführung. Zudem könne er bei Konfliktlösung helfen sowie die Kommunikation zwischen den Mitgliedern der Eigentümerfamilie fördern. Weitere Vorteile seien die Förderung der langfristigen strategischen Ausrichtung, das Einbringen vielfältiger Perspektiven und eines weitreichenden Netzwerks sowie die Unterstützung bei der Risikominimierung. In den meisten Familienunternehmen ist der Beirat laut der Befragung vor allem ein Beratungsgremium, das die Geschäftsführung mit seiner Erfahrung und Expertise in strategischen Fragen unterstützt. Rund drei Viertel der Familienunternehmen würden in ihrem Beirat auch einen Kontrolleur sehen, der die Geschäftsleitung überwacht, wichtigen Investitionsentscheidungen zustimmt und die Interessen der Eigentümer bei der Geschäftsentwicklung sicherstellt.

Mehr Unternehmensberater im Beirat

Die meisten der befragten Familienunternehmen legen im Gesellschaftsvertrag die rechtlichen Grundlagen für die Beiratstätigkeit fest und kodifizieren die innere Ordnung sowie die Arbeitsabläufe des Gremiums in einer Beiratsordnung. Drei Viertel der Beiräte sind mit Mitgliedern der Inhaberfamilie besetzt, die ihre Interessen gegenüber der Geschäftsführung vertreten. Auch die ´NextGen´ werde im Beirat präsenter: NextGens dürfen zunehmend im Beirat hospitieren, um in ihre Rolle als Gesellschafter hineinzuwachsen und Impulse einbringen zu können. Neben der Familie vertrauen Familienunternehmen auf angestellte Manager und Unternehmer aus anderen Unternehmen. Der Anteil der Rechtsanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Banker sei hingegen zurückgegangen. Gestiegen sei der Anteil der Unternehmensberater im Beirat – auf rund ein Viertel. Unternehmen erhofften sich von ihnen Impulse und Erfahrungen im Bereich Transformation, Nachhaltigkeit, Digitalisierung und Reaktion auf geopolitische Entwicklungen. Ein Drittel der Familienunternehmen integriere Start-ups als temporäre Impulsgeber oder permanente Mitglieder in den Beirat. In den meisten Gremien dominierten laut der Studie nach wie vor klassische Kompetenzen wie Kaufmännisches und Finanzen, Strategie und Generalist sowie Produktion und Technik. Trotz globaler Ausrichtung hätten nur knapp die Hälfte der Beiräte internationale Expertise, und nur ein Drittel verfüge über Know-how in der Digitalisierung und Künstlicher Intelligenz. Bei Nachhaltigkeit, F&E und Innovation sei die Kompetenzlücke sogar noch größer.

Verjüngung wird angestrebt

Die Altersstruktur der Beiräte ist hoch. In 46% der befragten Familienunternehmen sind die Beiratsmitglieder über 70 Jahre alt, der Median liegt bei 69 Jahren. Viele Familienunternehmen haben erkannt, dass ihre Beiräte nicht mehr zeitgemäß zusammengesetzt sind und planen eine Neuausrichtung: 62% wollen ihren Beirat in den nächsten drei Jahren neu besetzen, wobei Verjüngung und Zukunftskompetenzen im Vordergrund stehen.

 

Autorenprofil

Als Redakteur der Unternehmeredition berichtet Alexander Görbing regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Zu seinen Schwerpunkten gehören dabei Restrukturierungen, M&A-Prozesse, Finanzierungen sowie Tech-Startups.

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