Die Beschaffung von Finanzmitteln gilt unter KMU derzeit noch nicht als wachstumshemmend. Regulatorische Zwänge könnten das aber ändern. Sale & Lease Back bietet sich als alternatives Finanzierungsinstrument an. Seine Möglichkeiten sind auch für Investoren im Fall einer Unternehmensübernahme attraktiv. Ein Fallbeispiel illustriert das.
Was lässt Unternehmen wachsen? Man kann die Frage, die auf die Zukunftsfähigkeit von Unternehmen abzielt, genau auf diese Art stellen – oder das Pferd von der anderen Seite her aufzäumen, sprich die Hürden unter die Lupe nehmen, die dem Wachstum im Wege stehen. Und sich dann einfach mal davon überraschen lassen, wie lange man auf den Faktor „Finanzen“ warten muss: Denn dieser kommt unter deutschen Mittelständlern erstaunlich spät zur Sprache.
Verdeutlicht wurde das erst Ende letzten Jahres wieder durch die Studie „Finanzierung im Mittelstand“, erstellt von RSM Ebner Stolz und Wolff & Häcker Finanzconsulting. Sie befragte kleine und mittelständische Unternehmen aus Deutschland nach Faktoren, die Wachstum wesentlich begrenzen. Höhere Finanzierungskosten und fehlendes Kapital wurden durchaus genannt – aber nur weit abgeschlagen und von mehr als der Hälfte aller Antwortenden sogar mit dem Prädikat „Hat keinen Einfluss“ bewertet. Die Plätze eins bis drei belegten derweil Fachkräftemangel, steigende Energiepreise sowie Bürokratie beziehungsweise Überregulierung.
Konservative Finanzierungsformen als Crux
Dass die Verfügbarkeit zusätzlichen Kapitals beziehungsweise der Zugang zu Finanzierungsquellen von KMU als unproblematisch für Wachstum angesehen wird, ist angesichts der aktuellen Gegebenheiten am Geldbeschaffungsmarkt nicht selbstverständlich. KMU sind beim Thema Finanzierung Traditionalisten und bevorzugen konservative Finanzierungsformen. Allem voran wird auf Bank- und Förderdarlehen gesetzt. Und hier könnte künftig die Crux liegen: Bei den genannten Darlehensformen spielen nämlich Nachhaltigkeitsaspekte eine immer stärker werdende Rolle.
Regulatorische Vorgaben für Banken sorgen dafür, dass die Kreditinstitute bei potenziellen Kreditnachfragenden auf belastbare ökologische, soziale und Governance-Konzepte (ESG) dringen müssen. Zwar halten sich die Geldhäuser damit derzeit noch zurück: Die Mehrheit der KMU gab in der vorgenannten Studie an, bisher bei Kreditverhandlungen vom Thema ESG verschont worden zu sein. Schwindet die Zurückhaltung aber – und das wird sie, weil die Regulatorik hier zwingend wirkt –, wird das Wirkung haben. Denn bei den Transformationsprozessen, die eine ESG-fokussierte Ausrichtung mit sich bringen, stehen viele KMU noch am Anfang – und damit bei Banken als Kreditnehmer im Abseits.
Die gute Nachricht: Genau dort, abseits konservativer Finanzierungsformen, finden sich alternative Möglichkeiten, frische Liquidität zu generieren. Dabei rückt seit Jahren immer stärker Sale & Lease Back (SLB) ins Blickfeld. Das Finanzierungsinstrument ermöglicht es, benötigte Mittel aus dem Vermögen des Unternehmens selbst herauszugenerieren – genauer gesagt aus dem eigenen Anlagevermögen. Das Prinzip: Maschinen und andere hoch werthaltige Güter werden von einer Leasinggesellschaft auf Zeitwert und Sekundärmarktfähigkeit geprüft. Im Ergebnis steht ein Wert, für den die Anlagen verkauft werden. Während der Verkaufserlös frische Mittel ins Unternehmen fließen lässt, werden die Anlagen umgehend zur Weiternutzung zurückgeleast. Trotz Veräußerung bleibt damit der Produktionsbetrieb ununterbrochen.
Fallbeispiel ppm: Wie eine Druckerei der Insolvenz entkam
Eine der Stärken des Finanzierungsinstruments ist seine Anwendbarkeit im Rahmen von Sanierungsvorhaben und damit einhergehenden Übernahmen – denn mit fachkundiger Vermittlung, Einverständnis aller Beteiligten und Zutun eines spezialisierten Finanzpartners können auch Investoren oder Übernehmende die SLB-Karte spielen. Wie das eine Unternehmensrettung ermöglichen kann, illustriert das Fallbeispiel einer Firmenübernahme, bei der die traditionsreiche Druckerei ppm Fulda GmbH & Co. KG die Hauptrolle spielt.
Das 1873 als „Fuldaer Actiendruckerei“ gegründete Unternehmen ist auf Rollenoffsetdruck und Kleinformate spezialisiert, die vorrangig die Felder von Katalogen, Broschüren, Magazinen und Zeitschriften abdecken. Zusätzlich stellt die Produktion von Schulbüchern und Lehrmitteln ein starkes Standbein dar. Über Jahrzehnte wurden ein großes Know-how, ein hoher Qualitätsstandard und ein breiter Kundenstamm mit langjährigen Kundenbeziehungen aufgebaut; eine Kombination, die bis ins Jahr 2018 eine stabile Umsatz- und Ertragssituation sicherte. Ab 2019 prägten das Geschäftsumfeld aber im Jahresrhythmus Faktoren, die substanzbedrohend wurden:
• Der Wegfall von Produkten und ein starker Verdrängungswettbewerb im Rollenoffsetmarkt belasteten 2019 die Erträge.
• 2020 setzten die Auswirkungen der Coronapandemie das Unternehmen unter Druck, wodurch die Umsätze und Roherträge so reduziert wurden, dass nicht mehr kostendeckend gearbeitet werden konnte und sich ein deutlich negatives EBITDA/EBIT ergab.
• Ab 2021 stiegen die Erlöse zwar wieder, die Ukrainekrise trieb aber Beschaffungspreise für Papier und Rohstoffe. Trotz Erlöswachstums konnte nur eine verringerte Rohertragsmarge von rund 43% erzielt werden.
Maßnahmen, um das aufzufangen und gegenzusteuern, führten ab 2018 zu einem (nominal und anteilig) stetig schwindenden Eigenkapital, das von 68% anno 2018 auf 26% im Jahr 2022 sank. Die anhaltend negative Ergebnisentwicklung dieser Zeit sorgte dafür, dass ppm am 21. November 2022 einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens sowie auf Eigenverwaltung mit Schutzschirm stellte. So wurde der Weg frei für eine Sanierung, in deren Zentrum bei Fortführung der Geschäftstätigkeit die Suche nach einem neuen Eigentümer stand.
Sale & Lease Back erlöst 50% des Übernahmepreises
Zum Vorteil gereichten dem Unternehmen in dieser Situation vor allem zwei Faktoren, die sich als zukunftssichernd erweisen sollten:
• Die solide Kundenstruktur und Auslastung konnte durch ein hochaktives und erfolgreiches Business Development gestärkt werden. Dabei wirkte und wirkt vor allem eine starke Großkundenstruktur mit signifikanten Umsatzvolumina – allein die Top Ten der rund 190 Kunden machen fast 43% des Umsatzes aus.
• Das Anlagevermögen wurde in den Jahren ab 2019 substanziell gestärkt. Die Investitionen in die Produktion beliefen sich auf über 2 Mio. EUR, sodass ppm zum Insolvenzzeitpunkt eine leistungsstarke und hoch werthaltige Druckmaschinenausstattung vorweisen konnte.
Mit diesen Merkmalen weckte ppm das Interesse privater Investoren (Pentapart Beteiligungs GmbH und Aurona Capital GmbH). Beraten von der Düsseldorfer Unternehmensberatung für Transformations- und Transaktionsprozesse novaerion GmbH erwarben diese ppm aus der Insolvenz und setzten zur Finanzierung der Übernahme unter anderem auf Sale & Lease Back. In Kooperation mit der darauf spezialisierten Hamburger Nord Leasing GmbH wurde die Assetstruktur der ppm analysiert und eine Veräußerung von Anlagegütern in die Wege geleitet. Die neuen Eigentümer konnten durch die SLB-Erlöse rund 50% des Kaufpreises abdecken und das Unternehmen somit absehbar stabil aufstellen.
Mittlerweile ist das Insolvenzverfahren seit rund einem Jahr aufgehoben. Die Druckerei hat den Bereich der roten Zahlen verlassen und Sanierungsmaßnahmen umgesetzt, zu denen neben einem Personalabbau auch die Straffung des Produkt- und Leistungsportfolios gehören.