„Asien ist weit mehr als China und Indien“

Unternehmeredition: Wie ist der aktuelle Stand der Freihandelsabkommen der EU mit asiatischen Ländern?
Stepken: Die Europäische Kommission hat 2007 ein Verhandlungsmandat für ASEAN, Indien und Südkorea erhalten, ein Schritt, auf den die deutsche Wirtschaft lange gewartet hat. Der APA, in dem ich mich zusammen mit anderen Unternehmensvertretern engagiere, hat sich seit Jahren nachdrücklich dafür eingesetzt. Das erste dieser Abkommen wurde im Juli 2011 mit Südkorea in Kraft gesetzt. Die Verhandlungen mit Indien laufen nicht so erfolgreich, wie wir das erhofft hatten. Wir wollen ein Abkommen, das den Namen Freihandelsabkommen wirklich verdient, Indien will viele Zölle dauerhaft beibehalten. Bei den Verhandlungen mit ASEAN hat die Europäische Kommission 2009 aufgrund schwieriger Rahmenbedingungen beschlossen, auf bilaterale Gespräche umzuschwenken. Die Verhandlungen mit Singapur stehen kurz vor einem Abschluss, und auch mit Malaysia scheint ein Abkommen in Sicht. Mit weiteren Ländern dauern die Vorgespräche seit 2010 an.

Unternehmeredition: Welche Rolle spielen die ASEAN-Staaten für TÜV Süd?
Stepken: Südostasien ist ein wichtiger Eckpfeiler unserer Wachstumsstrategie. Wir haben 1997 ein Büro in Indonesien eröffnet – und seitdem unsere ASEAN-Präsenz konsequent ausgebaut. Ein wichtiger Meilenstein war die Übernahme der PSB-Gruppe in Singapur im Jahr 2005. Unsere Präsenz auf den ASEAN-Märkten ist die logische Folge der zunehmenden Globalisierung und der weltweiten Handelsströme. Als „Enabler“ der Globalisierung übernehmen wir nicht nur die Kontrolle der internationalen Liefer- und Produktionsketten, sondern auch die Zertifizierung von Produkten und Prozessen. Unsere Prüfungen folgen weltweit den gleichen Standards – eine Voraussetzung für die Vergleichbarkeit von Angeboten und einen wirklich fairen Wettbewerb.

Unternehmeredition: Welche Dienstleistungen bieten Sie in den ASEAN-Staaten an?
Stepken: In Südostasien haben wir uns auf die besonderen Stärken dieser Märkte ausgerichtet – insbesondere auf die Spitzenposition der ASEAN-Staaten bei der Herstellung von Textilien, Bekleidung und Schuhen. Allein in den letzten drei Jahren hat TÜV Süd hier deshalb über 10 Mio. EUR in Infrastruktur für die Prüfung von Textilien und Lebensmitteln investiert – entsprechende Prüfeinrichtungen unseres Hauses gibt es aktuell in Indonesien, Malaysia, Singapur, Thailand, auf den Philippinen und – seit 2010 – auch in Vietnam.

Unternehmeredition: Welchen wichtigen Rat würden Sie anderen deutschen Unternehmern bei der Expansion in den ASEAN-Raum geben?
Stepken: So groß sind die Unterschiede zwischen Asien und Europa eigentlich nicht: Sorgfältige Partnersuche vor Ort ist überall entscheidend! Unser Vorteil als Deutsche: Partner in Asien schätzen unsere deutsche Gründlichkeit und Zuverlässigkeit. Auf dieser Grundlage lassen sich hervorragende Geschäftsbeziehungen entwickeln!
Unternehmeredition: Herr Dr. Stepken, vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Markus Hofelich.


Zur Person: Dr. Axel Stepken
Dr. Axel Stepken ist Vorstandsvorsitzender der TÜV Süd AG und ASEAN-Sprecher im Asien-Pazifik-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft (APA). Der APA ist als Gemeinschaftsinitiative von BDI, DIHK, OAV, BGA und Bankenverband das Sprachrohr der deutschen Asienwirtschaft gegenüber der Politik in Deutschland und in den asiatischen Partnerländern. www.asien-pazifik-ausschuss.de, www.tuev-sued.de

Autorenprofil

Markus Hofelich ist Gastautor.

1
2
Vorheriger ArtikelZur Internationalisierung gibt es keine Alternativen
Nächster Artikel„Das Engagement deutscher Firmen in China hat sich stark verändert“