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Am Schalter gedreht

Eine ausstehende Großforderung hatte die e-h-m elektro-handel in Witten an den Rand der Zahlungsunfähigkeit gebracht. Nach einem Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung stehen die Wittener heute besser da als vorher. 

Dass es so schnell gehen würde, hätte Firmenchef Jochen Schneider nicht für möglich gehalten. In der ersten Jahreshälfte 2014 war die e-h-m elektro-handel und montage gmbh in eine schwere Ergebnis- und Liquiditätskrise geraten. Als das Aus für den angesehenen Komplettdienstleister im Bereich der Stark- und Schwachstromtechnik zu einer realen Gefahr wurde, entschloss sich Schneider zum Antrag auf Insolvenz in Eigenverwaltung. Was dann kam, hatte er sich auch nur schwer vorstellen können. Dank eines professionell geführten Sanierungsverfahrens war die Firma nur sechs Monate später wieder profitabel und befreit von vielen Altlasten. „Jetzt bin ich dankbar und froh, dass ich die Zukunft angehen kann“, freut sich Schneider.

Unvermittelt in die Krise

Auslöser der Krise war ein großes Hochschul-Bauprojekt, dessen Auftragsvolumen für 60 Prozent des damaligen Jahresumsatzes stand. Entsprechend hart traf es den Elektrotechnikspezialisten, als ein Wechsel in der Projektleitung des Generalunternehmers zu schweren Störungen in der Planung und Abwicklung führte. „Wir mussten dann unser Hauptaugenmerk auf diese  Baumaßnahmen richten und für andere Aufträge Fremddienstleister beschäftigen“, sagt Schneider. Das führte dort wiederum zu Leistungsdefiziten und finanziellen Einbußen. Prekär wurde die Situation, als der Generalunternehmer des Hochschul-Bauprojekts eine Schlusszahlung in Millionenhöhe hinauszögerte. Schneider beauftragte die Unternehmens- und Rechtsberatung Buchalik Brömmekamp mit einer Lageanalyse. Ergebnis: Für den Erhalt des Unternehmens und seiner Arbeitsplätze sowie die bestmögliche Befriedigung der Gläubigerforderungen kam nur ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung in Frage.

Sanierung unter dem Schutzschirm

„Dank seiner Leistungskraft und Marktposition war e-h-m grundsätzlich sanierungsfähig“, sagt Robert Buchalik, Partner bei Buchalik Brömmekamp. Diese gilt im Markt als einziges größeres, auf die Sanierung unter Insolvenzschutz spezialisiertes Beratungsunternehmen, das nicht selbst als Insolvenzverwalter tätig ist. Von dieser Erfahrung profitierte auch e-h-m. Nachdem die Geschäftsführung Ende Juni den Antrag auf das dann im September eröffnete Insolvenzplanverfahren gestellt hatte, konnte sie sofort in eigener Regie und geschützt vor dem Zugriff von Gläubigern die Geschäfte fortführen. Luft zum Atmen brachte das Insolvenzgeld, mit dem die Bundesanstalt für Arbeit für maximal drei Monate die Zahlung von Löhnen, Gehältern und Sozialversicherung übernimmt. Die Geschäftsführung suchte zudem unmittelbar die Kommunikation mit den Kunden. Eine ausstehende Großforderung hatte die e-h-m elektro-handel in Witten an den Rand der Zahlungsunfähigkeit gebracht. Nach einem Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung stehen die Wittener heute besser da als vorher. 

„Die Berater von Buchalik Brömmekamp haben in dieser Phase viel Überzeugungsarbeit geleistet und so die gute Auftragslage gesichert“, betont Schneider. Ebenso standen sofort die schwierigen Gespräche mit den Lieferanten auf der Agenda. Einige von ihnen wurden im Gläubigerausschuss wichtige Partner bei der Entwicklung des Sanierungsplans, dem die ungesicherten Gläubiger im Dezember schließlich mit einer überwältigenden Mehrheit zustimmten. Sie verzichteten damit auch auf 95 Prozent ihrer Forderungen. „Wir konnten den Gläubigern deutlich machen, dass sie im Falle einer Zerschlagung noch weniger bekommen hätten“, sagt Buchalik. Nicht minder wichtig: Den Lieferanten bietet sich mit einem Fortbestehen von e-h-m die Aussicht, die Ausfälle durch künftige Aufträge des Unternehmens langfristig zu kompensieren.

Wieder in der Erfolgsspur

Schon zur Jahresmitte hatte die Geschäftsführung gemeinsam mit den Restrukturierungsberatern begonnen, ein Sanierungskonzept zu erarbeiten. Es beinhaltet die Annahme von weniger Aufträgen, um damit parallel laufende Bauvorhaben zu reduzieren. Gleichzeitig wurde der Ausbau profitabler Geschäftsfelder wie etwa der LED-Technik und der EIB-Bustechnik zur intelligenten Vernetzung in Gebäuden vertieft. Zudem werden die interne Kommunikation und der Wissenstransfer zum Personal ebenso verbessert wie die Projektsteuerung und das Baustellen-Qualitätsmanagement. „Das ist ein langer Prozess, aber vieles trägt jetzt schon Früchte“, sagt Schneider. Das Insolvenzverfahren wurde Ende Dezember aufgehoben und die Firma setzt jetzt vor allem auf ihre Kompetenzen im hochkomplexen Krankenhausbau, aber auch bei großen Waschanlagen sowie Logistik- und Industriehallen. „Unser Unternehmen ist heute wesentlich besser aufgestellt als vorher und wir werden in diesem Jahr wieder in die Gewinnzone zurückkehren“, sagt Schneider.

Kurzprofil e-h-m elektro-handel und montage gmbh

 Branche ElektrotechnischenAnlagen
 Unternehmenssitz  Witten
 Umsatz 2014 sechs Mio. Euro
 Mitarbeiterzahl  45

www.ehm-gmbh.deEine ausstehende Großforderung hatte die e-h-m elektro-handel in Witten an den Rand der Zahlungsunfähigkeit gebracht. Nach einem Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung stehen die Wittener heute besser da als vorher. 

„Das Insolvenzgeld ist unverzichtbar“

Interview mit Jochen Schneider, Geschäftsführender Gesellschafter, e-h-m elektro-handel und montage gmbh

(© e-h-m-elektro-handel und montage gmbh)

Unternehmeredition: Wie wichtig waren Lieferanten, Berater und das Insolvenzgeld zu Beginn des Sanierungsverfahrens?
Schneider: In dieser Phase ist es das Wichtigste überhaupt, die Lieferanten mit ins Boot zu bekommen. Wir konnten sie auch deshalb überzeugen, weil die Berater von Buchalik Brömmekamp in dieser Zeit bereits sämtliche Unternehmensprozesse durchleuchtet und erste Sanierungsmaßnahmen eingeleitet hatten. Das Insolvenzgeld ist unverzichtbar, weil es für Vertrauen bei den Mitarbeitern sorgt und wir so die Vorkasse für Lieferanten sowie die Kosten des Verfahrens tragen konnten.

Welche Rolle spielte der vom Gericht bestellte vorläufige Sachwalter?
Der Sachwalter beobachtet, ob sich das Verfahren planmäßig entwickelt und empfiehlt im positiven Fall dem Gericht dann, das vorläufige in ein reguläres Verfahren in Eigenverwaltung überzuführen. Er war aber auch der Dreh- und Angelpunkt bei der Kommunikation mit den Gläubigern. Es war immer klar erkennbar, dass er den Erhalt des Unternehmens anstrebt.  

Wie haben sich die Banken bei der Restrukturierung verhalten?
Unsere Hausbank hat nach anfänglichem Zögern erkannt, dass das Insolvenzplanverfahren die beste Lösung bietet. Sie ist uns dann mit einer Neustrukturierung der Bankverbindlichkeiten zu erheblich verbesserten Zinsen sehr entgegengekommen.

Vielen Dank für das Gespräch.

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