Alternativen für den gehobenen Mittelstand

In einem Umfeld, das von einer gelockerten EZB-Politik geprägt ist, kann sich die Wirtschaft heute in weiten Teilen günstig mit Krediten versorgen. Die Erfahrung lehrt jedoch, dass dies nur eine Momentaufnahme ist. Der Mittelstand hat bereits ein gutes Stück vorgesorgt und seine Eigenkapitalquote gegenüber dem Jahr 1992 von 17,4 auf mittlerweile über 30% gesteigert. Bankdarlehen bleiben zwar eine wichtige Kapitalquelle. Vor allem wachstumsstarke Firmen sollten jedoch auch andere Finanzierungsalternativen im Auge behalten.

Auf die richtige Mischung achten

Es gibt viele gute Gründe, die Finanzierung auf eine breite Basis zu stellen. So wirft die Regulierungsrichtlinie Basel III ihre Schatten voraus, die je nach Unternehmensbonität und Branche sowie je nach Risikomanagement der Bank zu einer restriktiveren Kreditvergabe führen könnte. Der jüngsten DIHK-Konjunkturumfrage zufolge befürchten gerade Firmen mit guter Geschäftserwartung und solche, die hohe Auftragsvolumina finanzieren müssen, Schwierigkeiten bei der Kapitalbeschaffung. Der Mittelstand stellt sich darauf ein. Laut einer aktuellen Umfrage von TNS Infratest strebt nahezu jedes zweite Unternehmen nach mehr Unabhängigkeit von der Hausbank, und fast ebenso viele halten einen Finanzierungs-Mix für sinnvoll. Die meisten Firmen denken dabei an Beteiligungskapital, Factoring und Leasing. Für den gehobenen Mittelstand sind aber auch Anleihen und Genussscheine eine Überlegung wert, zumal sich derzeit interessierte Anleger dafür finden lassen.

Mittelstandsanleihen im Aufwind

Die von den deutschen Börsen geschaffenen Spezialsegmente, an denen mittelständische Unternehmen Anleihen mit einem Volumen von üblicherweise 20 Mio. EUR bis meist unter 100 Mio. EUR emittieren, stoßen auf wachsendes Interesse. Im Jahr 2012 ist mit 33 Neuemissionen der Rekord des Vorjahres übertroffen worden. Insgesamt notierten Ende Februar in diesen Segmenten mehr als 70 Anleihen. Die Unternehmen schätzen es, dass sie für diese Finanzierung keine Sicherheiten bereitstellen müssen und mit dem Kapital bei Laufzeiten von üblicherweise fünf bis sechs Jahren fest planen können. Sie sind also nicht in ein enges Korsett relativ kurzfristiger Rückzahlungen eingeschnürt. Dem stehen komplexe Prozesse und ein nicht unerheblicher Aufwand gegenüber. So gilt es schon im Vorfeld auszuloten, ob und wie man eine überzeugende Investment-Agenda präsentieren kann. Es müssen geeignete Partner wie Banken, Wirtschaftsprüfer und spezialisierte Berater gefunden werden, die den Gang an den Kapitalmarkt begleiten. Extern wie intern schlagen darüber hinaus relativ hohe Kosten zu Buche. Das beginnt bei der Erstellung des Verkaufsprospekts, den die Aufsichtsbehörde BaFin genehmigen muss, und reicht über den Presse- und Werbeaufwand bis hin zu den Kosten für ein jährliches, externes Rating. Studien gehen allein von Einmalkosten i.H.v. gut 4 bis 6% des Emissionsvolumens aus. Nicht zu vergessen: Wer sich an den Kapitalmarkt begibt, sollte die Bereitschaft zur transparenten Darstellung der eigenen wirtschaftlichen Situation mitbringen. Denn die Investoren haben ein gutes Recht auf zuverlässige Informationen. Dass es bei den Anleiheemittenten durchaus auch Insolvenzen gegeben hat, unterstützt diesen Anspruch.

Genussscheine bieten Gestaltungsspielraum

Reife Unternehmen, die sich den Anforderungen einer Börsennotierung nicht aussetzen wollen, finden in Genussscheinen eine flexible Alternative. Diese Instrumente bieten bei Laufzeit, Zins und Tilgung ein hohes Maß an Gestaltungsfreiheit, so dass sie sich gut an den Liquiditätsbedarf und die Unternehmensentwicklung anpassen lassen. Für wachstumsstarke Unternehmen kann sich das trotz der hohen Verzinsung lohnen, weil Genussscheine sowohl die Vorteile einer Anleihe wie auch die einer Aktie in sich vereinen. So stärkt der nachrangige Anspruch der Anleger im Insolvenzfall die Eigenkapitalposition. Anders als bei der Aktienemission bleibt jedoch die Gesellschafterstruktur ohne Gewährung zusätzlicher Mitspracherechte erhalten. Ebenso wie bei der Anleihe sind keine Sicherheiten bereitzustellen und der Eigenkapitalcharakter schafft Spielraum für neue Kredite. Bei alldem darf jedoch nicht übersehen werden, dass auch zu einer Finanzierung via Genussschein eine kosten- und zeitintensive Vorbereitung gehört. So muss – weil die Börse als Plattform fehlt – jeder Kapitalgeber persönlich angesprochen und von den Vorzügen des Angebots überzeugt werden. Das Unternehmen sollte zudem die Aussicht auf einen stabilen Cashflow bieten bestimmte Informations- und Kontrollrechte einräumen.

Fazit:
Nur ein ausgewogener Finanzierungs-Mix schafft die Basis für eine dauerhafte und effiziente Kapitalversorgung. Allen voran der gehobene Mittelstand kann heute aus einem breiten Spektrum von Instrumenten wählen. Wie bei einer guten Unternehmensstrategie kommt es auch hier stets darauf an, den Blick in die Zukunft zu richten und die zum eigenen Konzept passenden Finanzpartner zu finden.

Autorenprofil

Uwe Fleischhauer (fleischhauer@fhpe.de) ist Managing Partner, Anne Kaluza (kaluza@fhpe.de) ist Leiterin Research bei Fleischhauer, Hoyer & Partner (FHP) Private Equity Consultants, München. www.fhpe.de

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