Die Patrimonium Asset Management AG ist einer der führenden Private-Debt-Anbieter im deutschsprachigen Raum und bietet Fremdkapitallösungen für etablierte mittelständische Unternehmen in der DACH-Region. Wir sprachen mit Senior Director Private Debt bei Patrimonium, Moritz Frerker, über die aktuelle Entwicklung.
Unternehmeredition: Bitte stellen Sie uns Ihre Gesellschaft kurz vor.
Moritz Frerker: Die Patrimonium Gruppe verwaltet derzeit 4,2 Mrd. Schweizer Franken für vornehmlich institutionelle Investoren in den vier Assetklassen Immobilien, Private Debt, Infrastruktur und Private Equity. Patrimonium beschäftigt an den zwei Standorten Lausanne und Zürich mehr als 70 Mitarbeiter. Unsere typischen Investoren sind institutionelle Kapitalsammelstellen wie Versicherungsgesellschaften, Pensionsfonds und andere Vorsorgeeinrichtungen aus dem In- und Ausland.
Im Bereich Private Debt stellen wir mittelständischen Unternehmen in der DACH Region Fremdkapitalfinanzierungen zur Verfügung. Dabei finanzieren wir sowohl Unternehmen, die im Eigentum von Private-Equity-Investoren sind, als auch Familienunternehmen. Wir fokussieren uns auf Unternehmen mit einem Jahresumsatz zwischen 50 und 500 Mio. EUR.
Herr Frerker, Private Debt erfreut sich zunehmender Beliebtheit. Wie nehmen Sie die Marktentwicklung wahr?
Der Trend ist nach unserer Beobachtung ungebrochen. Private Debt gewinnt weiterhin Marktanteile. Man sieht das sowohl an steigenden Volumina als auch an einer steigenden Anzahl von Transaktionen. Der Markt für Fremdkapitalfinanzierung lässt sich unter anderem nach der Art der Eigentümerstruktur der Kreditnehmer unterteilen: Finanzierungen für Unternehmen in Private-Equity-Besitz (sponsored) einerseits und Finanzierungen für Unternehmen ohne Private-Equity-Eigentümer (sponsorless) andererseits.
Der Markt für Unternehmen in Private-Equity-Hand ist insgesamt transparenter. Es wird regelmäßig berichtet, welche Transaktionen durch welche Art von Fremdkapitalgeber finanziert werden. Die Private-Equity-Häuser veröffentlichen oftmals, welche Unternehmen sie erwerben und welche Partei Fremdkapitalgeber ist. Hier ist zu beobachten, dass Debt Fonds bereits einen großen Teil der Transaktionen finanzieren. Das Geschäft in dem für uns relevanten Markt teilt sich ungefähr hälftig auf zwischen Private-Debt-Fonds und Banken.
Bei den Unternehmen, die nicht in Private-Equity-Hand sind, herrscht hingegen weniger Transparenz, wie groß der Marktanteil von Private-Debt-Fonds eigentlich schon ist. Familienunternehmen sind typischerweise etwas zurückhaltender in Bezug auf die Veröffentlichung, wer ihre Finanzierungspartner sind. Sicherlich sind Banken in diesem Segment derzeit der führende Finanzierungspartner. Ich bin der Meinung, dass hier noch größeres Wachstumspotenzial für Private-Debt-Fonds besteht, weshalb dieses Marktsegment für Private-Debt-Anbieter attraktiv ist.
Wie laufen denn die diesbezüglichen Geschäfte bei Patrimonium?
Der Bereich Private Debt bei Patrimonium ist ein Stück weit eine Besonderheit, weil wir bereits seit 2007 familiengeführte Unternehmen in Deutschland finanzieren, wohingegen der Großteil der Private-Debt-Fonds zunächst damit begonnen hat, Akquisitionsfinanzierungen für Private-Equity-Transaktionen bereitzustellen. Es gibt eine gewisse Tendenz, dass die Private-Debt-Fonds versuchen, sich auch in den jeweils anderen Bereich zu entwickeln. Patrimonium finanziert bereits seit einigen Jahren auch Private-Equity-Transaktionen. Bei Patrimonium finanzieren wir in circa 50% der Fälle Unternehmen, die nicht in Private-Equity-Hand sind. Insgesamt stellen wir in beiden Bereichen eine steigende Nachfrage nach Private-Debt-Finanzierungen fest.
Haben Sie das Gefühl, dass Familienunternehmen ihre Zurückhaltung gegenüber alternativen Fremdkapitalgebern allmählich aufgeben?
Wir sehen, dass Familienunternehmen sich dem Thema Private Debt sehr offen zuwenden. Das hängt unter anderem auch von der Unternehmensgröße ab. Größere Unternehmen, die schon einmal mit dem Kapitalmarkt oder Private Debt in Berührung gekommen sind, haben weniger Vorbehalte und sind oftmals schon gut informiert, was einen Private-Debt-Anbieter von einer Bank unterschiedet. Für kleine und mittelgroße Unternehmen, die sich bisher durch eine klassische Bankfinanzierung finanziert haben, besteht häufig noch Informationsbedarf.
Wenn Unternehmen das erste Mal mit Private-Debt-Anbietern in Kontakt treten, besteht in der Regel Aufklärungsbedarf. Das hängt unter anderem auch damit zusammen, dass Private-Debt-Fonds im Vergleich zu deutschen Geschäftsbanken oder Sparkassen eine geringere Markenbekanntheit aufweisen.
Was sind denn Ihre entscheidenden Vorteile gegenüber einer Hausbank?
Grundsätzlich suchen Private-Debt-Fonds im Vergleich zu Banken andere Risikoprofile. Sie können höhere Risiken eingehen und vereinnahmen dafür dann auch eine höhere Rendite. Private-Debt-Fonds sind in Summe ein etwas agilerer Spieler, zum Beispiel in Bezug auf die Entscheidungs- und Umsetzungsgeschwindigkeit. Das hängt unter anderem damit zusammen, dass Banken anders organisiert und reguliert sind als Debt Fonds und es sich bei Banken typischerweise um größere Organisationen handelt, wodurch die Entscheidungen länger brauchen können.
Inwieweit kommen hier Mischmodelle zum Tragen beziehungsweise inwieweit kooperieren Sie mit den Hausbanken?
Es ist keine Entweder-Oder-Entscheidung. Wir bevorzugen es sogar, gemeinsam mit der Hausbank zu finanzieren. Unsere Finanzierungen sind typischerweise Darlehen mit einer Laufzeit von bis zu sieben Jahren, die entweder am Ende der Laufzeit zurückgezahlt werden oder während der Laufzeit ratierlich getilgt werden. Was wir und auch Private-Debt-Fonds im Allgemeinen in der Regel nicht anbieten, sind atmende Betriebsmittelfinanzierungen wie beispielsweise eine Kontokorrentlinie. Banken hingegen bieten diese Art der Betriebsmittelfinanzierung präferiert an. Und das ist auch der offensichtlichste Anknüpfungspunkt einer Zusammenarbeit. Somit ist es eine sehr symbiotische Beziehung. Uns fällt es sehr leicht, neben anderen Finanzierungspartnern unsere Private-Debt-Finanzierung zur Verfügung zu stellen. Das kann neben einer Bank auch zum Beispiel ein Factoring-Anbieter sein.
Können Sie uns konkrete Beispiele nennen?
Patrimonium hat die Zusammenarbeit mit einer Bank seit vielen Jahren bereits institutionalisiert. Es gibt ein etabliertes Kooperationsmodell mit der Credit Suisse, in dem wir gemeinsam Unternehmen in Deutschland und der Schweiz finanzieren. Die Interessenlagen sind dabei aufgrund der gleichen Position in der Kapitalstruktur gleichgerichtet. Dass Bank und Private-Debt-Fonds gemeinsam Finanzierungen zur Verfügung stellen, sieht man bei Private-Equity-Transaktionen schon länger.
Welche Finanzierungsgründe sehen Sie am häufigsten?
Private Debt bietet sich vorwiegend dann an, wenn der Kreditnehmer keine sehr gute, sondern (beispielsweise aufgrund einer höheren Verschuldung) nur eine mittlere Bonität aufweist. Ein mittelständisches Unternehmen mit höchsten Bonitätsnoten kann den Finanzierungsbedarf in der Regel über eine Bankfinanzierung decken.
Ein klassischer Finanzierungsanlass für Private Debt sind Akquisitionen oder Investitionen für organisches Wachstum. Ein weiterer Finanzierungsanlass ist die Refinanzierung von bestehenden Finanzverbindlichkeiten wie zum Beispiel Bankdarlehen. Banken bieten im Einklang mit einer geringeren Bepreisung typischerweise ein etwas engeres Korsett, zum Beispiel bei den Financial Covenants oder anderen Verhaltenspflichten. Insbesondere in dem aktuell eher fragilen und unsicheren Marktumfeld, können sich Bonitäten von Kreditnehmern recht schnell verändern, so dass das Risikoprofil nicht mehr zu einer Bank(finanzierung) passt.
Ein weiterer Anlass für Private-Debt-Finanzierungen, sind die Finanzierung von Unternehmen in Sonder- und Krisensituationen wie beispielsweise Restrukturierungen oder andere insolvenznahe Situationen. Bei Patrimonium können wir diese Art von Finanzierungen aus einem separaten Fonds abbilden, der sich auf die Finanzierung von Unternehmen in Sondersituationen fokussiert.
Wie sieht denn Ihre Preisstruktur aus? Und was macht Ihr Modell für einen Mittelständler trotz der vergleichsweise höheren Bepreisung interessant.
Der Preis ist häufig das offensichtlichste Vergleichsmerkmal. Eine Bankfinanzierung ist typischerweise günstiger als eine Private-Debt-Finanzierung. Die Bepreisung bei Private-Debt-Finanzierungen beginnt ab einer Marge von circa 6,00% p.a.
Wenn ein Unternehmen seinen Kapitalbedarf nicht mehr über eine Bankfinanzierung decken kann, kann der Preis aber auch schnell sekundär werden. Solange das Unternehmen jedoch zwischen einer Bankfinanzierung und einer Private-Debt-Finanzierung wählen kann, sollten die jeweiligen Vor- und Nachteile mit den Bedürfnissen des Kreditnehmers abgeglichen werden. Zu den Vorteilen von Private Debt zählen beispielsweise, dass während der Laufzeit weniger oder gar keine Tilgung zu leisten ist und mehr Flexibilität in Bezug auf Financial Covenants besteht.
In welche Branchen fließt das meiste Kapital?
In der letzten Zeit wurden viele Akquisitionsfinanzierungen für Healthcare- und Software-/IT-Unternehmen zur Verfügung gestellt. Die Private Equity-Gesellschaften waren in diesen Branchen besonders aktiv. Wir sehen in unseren Fonds Finanzierungsbedarf über alle Branchen hinweg, mit einem Schwerpunkt bei produzierenden Unternehmen und Handel.
Welche Trends zeichnen sich ansonsten ab?
Wir haben bereits seit einiger Zeit ESG-getriebene Selektionskriterien etabliert. Und ich erwarte, dass ESG-Kriterien in Finanzierungsprozessen weiterhin an Bedeutung gewinnen werden. Wir haben in unserem gesamten Investmentprozess sowohl bei der Selektion und Due Diligence der Unternehmen als auch während der Laufzeit der Finanzierung, das Thema ESG sehr stark verankert. Unternehmen, die bestimmte ESG-Kriterien erfüllen und sich besonders positiv verhalten, profitieren von einer Reduzierung der Marge (in der Regel 5-10 bps).
Welche Voraussetzungen müssen denn dafür erfüllt sein?
Ein ESG-Selektionskriterium ist der Ausschluss bestimmter Branchen und Geschäftsmodelle, wie zum Beispiel Unternehmen aus der Kohleindustrie, Tabakindustrie oder Glücksspiel. Eine separate ESG due diligence gewinnt zunehmend an Bedeutung. Dabei schauen wir uns dezidiert an, wie das Unternehmen in den Bereichen Environmental, Social und Governance aufgestellt ist. Die Kriterien, um von einer reduzierten Marge zu profitieren, werden individuell verhandelt und beinhalten zum Beispiel die Vorlage eines externen ESG-Ratings mit einem überdurchschnittlichen Ergebnis.
Welches Kreditvolumen wird in der Regel vergeben?
Patrimonium investiert derzeit zwischen 10 und 70 Mio. EUR Fremdkapital pro Unternehmen.
Wie sehen Ihre Marktprognosen aus? Mit welcher Entwicklung rechnen Sie in den kommenden Jahren?
Ich erwarte, dass der Private-Debt-Markt insgesamt weiter wachsen wird. Auf der einen Seite bietet die Assetklasse für Investoren vorteilhafte Eigenschaften. Gleichzeitig erwarte ich eine steigende Nachfrage von mittelständischen Unternehmen nach Finanzierungen. Wir beobachten, dass traditionelle Finanzierer sich mit einer verschärften Regulierung konfrontiert sehen. Ich erwarte daher, dass das Finanzierungsangebot von Banken in dem für uns relevanten Markt zurückgehen wird und sich dadurch vermehrt Opportunitäten für Private-Debt-Fonds ergeben.
Herr Frerker, wir danken Ihnen für das interessante Gespräch!
ZUR PERSON
Moritz Frerker ist Senior Director Private Debt und seit 2017 für Patrimonium tätig. Er ist verantwortlich für die Direct Lending und Credit Opportunity Fonds und leitet das Investment Team. In seiner Funktion fokussiert er sich insbesondere auf die Auswahl und Strukturierung neuer Investments in der DACH Region und den angrenzenden Ländern. Vor seiner Zeit bei Patrimonium, war er unter anderem für die HSBC im Corporate and Institutional Banking und für PwC im Bereich Wirtschaftsprüfung tätig. Nach seiner Ausbildung zum Bankkaufmann studierte er Betriebswirtschaftslehre und hält einen Bachelor of Arts sowie einen Master of Science in Management von der HHL Leipzig Graduate School of Management (Handelshochschule Leipzig).
Als Chefredakteurin der Unternehmeredition berichtet Eva Rathgeber regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Sie verfügt über langjährige Erfahrung im Wirtschaftsjournalismus und in der PR.