Nach einer langen Phase des Stillstands ist es auch in Deutschland in den letzten zwei Jahren wieder zu einigen Börsengängen gekommen. Vor allem die Portfoliounternehmen von Private-Equity-Investoren haben die Gunst der Stunde genutzt (zum Beispiel Atotech, Bike24, Suse, Synlab et cetera). Dies hat natürlich auch die MPPs betroffen. Zwei neue Entscheidungen des Bundesfinanzhofs bringen weitere Klarheit bezüglich deren Besteuerung mit sich.
MPPs im Rahmen eines IPOs
Häufig findet ein Börsengang unterhalb der Ebene statt, in der der Private-Equity-Investor und das Management investiert sind. Würde das MPP nach dem IPO fortbestehen, wären das Management (unter anderem der Vorstand der gelisteten Gesellschaft) und der Private-Equity-Investor über dasselbe Vehikel an der börsennotierten Gesellschaft beteiligt. Dies lässt einen Interessenkonflikt bei den Managern vermuten, die ausschließlich im Interesse des Unternehmens tätig werden sollen. Im Übrigen wäre ein fortgeführtes MPP im Börsenprospekt offenzulegen. Aus diesen Gründen werden die MPP-Strukturen üblicherweise zum Börsengang beendet und aufgelöst. Das Management tauscht die Beteiligung an einer Oberholding gegen Aktien an dem gelisteten Unternehmen ein. Danach besteht keine formale Beziehung mehr über das MPP zwischen Management und dem Private-Equity-Investor.
Findet ein IPO nach einer kurzen Halteperiode des Private-Equity-Investors statt, hat sich zum IPO-Zeitpunkt gegebenenfalls noch nicht die volle Wertsteigerung erzielen lassen. Da nach dem Anteilstausch der Leverage aus der Struktur genommen wird, verliert das Management durch den Tausch unter Umständen Wertsteigerungspotenzial, da es danach nur noch pari passu an der Aktienkursentwicklung partizipiert. Hinzu kommt, dass das IPO häufig mit einem sogenannten IPO-Discount von 10% bis 25% als Kaufanreiz durchgeführt wird, was den Effekt vergrößert. Aus Sicht des Managements ist eine Beendigung des MPP zum IPO insofern vorteilhaft, als der Leaver Scheme und alle weiteren Restriktionen aus dem MPP beendet werden. Üblicherweise bleibt dann nur noch der Lock-up und nach dessen Ablauf kann das Management frei über die Aktien verfügen.
Die Frage, ob das Management mit dem Private-Equity-Investor pro rata oder weniger Aktien beim IPO verkaufen darf (Umplatzierung), hängt von der konkreten Marktsituation ab. Umplatzierungsquoten des Private-Equity-Investors von unter 40% werden vom Markt meist auch für das Management akzeptiert. Gleichwohl ist die Quote des Managements häufig niedriger als die des Private-Equity-Investors.
Zu beachten ist, dass der „Tausch“ von Anteilen an der Oberholding in Aktien der börsennotierten Gesellschaft grundsätzlich Steuern auslöst. Insofern sollte das Management auf jeden Fall so viele Aktien umplatzieren können, dass es aus dem Veräußerungserlös seine entsprechende Steuerlast bezahlen kann.
Für die beim IPO nicht verkauften Aktien unterzeichnen die Altaktionäre mit den IPO-Banken ein sogenanntes Lock-up Agreement, in dem sich die Altaktionäre für eine gewisse Zeit nach dem IPO dazu verpflichten, keine Aktien zu verkaufen. Im Schnitt betragen die Lock-up-Perioden für Private-Equity-Investoren sechs und für das Management zwölf Monate, wobei man auch Fristen von bis zu 36 Monaten sieht, dann allerdings teilweise abgestuft.
Aufgrund der geschilderten Probleme (Leverage-Verlust und Besteuerung) wird trotz Beendigung des MPPs zum IPO ein Umtausch teilweise auch erst nach Ablauf einer potenziellen Lock-up-Frist vorgenommen.
Aktuelle Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs
Am 27. Mai 2021 hat der Bundesfinanzhof (BFH) zwei Urteile (jeweils vom
1. Dezember 2021, Az. VIII R 21/17 und VIII R 40/18) veröffentlicht, in denen er sich erstmals zu den Folgen des „Sweet Equity“ für die Besteuerung von MPPs äußerte. Der BFH bestätigt darin die in seinem Urteil aus 2016 (4. Oktober, Az. IX R 43/15) aufgestellten Voraussetzungen für die Besteuerung von Veräußerungserlösen bei MPPs als Einkünfte aus Kapitalvermögen. Erneut erteilt der BFH der Praxis der Finanzverwaltung, Gewinne aus der Veräußerung von MPPs als Tätigkeitsvergütungen voll zu besteuern, eine Absage.
In beiden Urteilen befasst sich der BFH mit der Frage, ob die Erlöse aus der Veräußerung der Beteiligungen durch die (nicht-)selbstständige Tätigkeit des Managers/Beraters veranlasst sind oder das MPP ein davon unabhängiges Sonderrechtsverhältnis darstellt. Der BFH bestätigt die im Urteil aus 2016 eingeschlagene Linie. Folgende Indizien sprechen für die Qualifikation einer Managementbeteiligung als unabhängiges Sonderrechtsverhältnis:
• Das Arbeitsverhältnis oder die freiberufliche Tätigkeit begründen keinen Anspruch auf den Erwerb der Beteiligung.
• Die Beteiligung wird zum Marktpreis erworben und veräußert.
• Der Anteilsinhaber trägt das volle Verlustrisiko aus der Beteiligung, unabhängig von der Höhe des eingesetzten Kapitals.
• Es ergeben sich aus der Tätigkeit keine besonderen Umstände, die Einfluss auf Veräußerbarkeit und Wertentwicklung der Beteiligung nehmen.
Bei der Beteiligung eines Arbeitnehmers ist der Veräußerungserlös auch nicht allein deshalb Arbeitslohn, weil diese (i) von einem Arbeitnehmer des Unternehmens gehalten oder veräußert und (ii) nur Arbeitnehmern des Unternehmens angeboten wird. Die Beteiligung eines selbstständigen Beraters kann nach Auffassung des BFH nur dann zu Einkünften aus selbstständiger Tätigkeit führen, wenn die Beteiligung zum Sonderbetriebsvermögen des Beraters gehört.
Erstmals äußerte sich der BFH auch zu der Relevanz von Sweet Equity für die Besteuerung von MPPs. Dem BFH zufolge ist eine höhere Besteuerung der Veräußerungserlöse nicht allein deshalb gerechtfertigt, weil mit der Beteiligung eine „erhöhte Gewinnchance“ verbunden ist. Die Veranlassung durch eine (nicht-)selbstständige Tätigkeit scheidet aus, wenn der Manager seine Beteiligung zum Marktpreis erworben hat. Eine „erhöhte Gewinnchance“ wohnt nach Auffassung des BFH grundsätzlich jeder Kapitalbeteiligung inne.
In dem Urteil VIII R 21/17 ging der BFH noch darüber hinaus: Solange der Manager die Beteiligung zum Marktpreis erwirbt, kann auch die Chance auf eine im Verhältnis zu den anderen Investoren deutlich erhöhte Rendite nicht als Beleg für einen Veranlassungszusammenhang mit der Tätigkeit des Managers/Beraters angesehen werden. Vielmehr erhält dieser nur den auf seine Beteiligung entfallenden anteiligen Veräußerungserlös und damit seinen regulären Gewinnanteil.
Damit klärt der BFH die lange zwischen den Finanzgerichten umstrittene Frage, welche Folgen Sweet Equity für die Besteuerung von MPPs hat. Offen lässt der BFH die Frage zu dessen Bewertung.
FAZIT
Wenn der Exit in Form eines IPOs stattfinden soll, müssen sich der Private-Equity-Investor und das Management rechtzeitig zusammensetzen, um die Abwicklung beziehungsweise die Überleitung des MPPs unter Beachtung von aktienrechtlichen und kapitalmarktrechtlichen Vorgaben zu besprechen. Die begrüßenswerten Entscheidungen des BFH bringen weitere Klarheit bezüglich der Besteuerung von MPPs. Größere Bedeutung wird aber dem Kriterium des Verkehrswertes bei Erwerb des MPPs zukommen und der Frage, wie dieser Verkehrswert zu ermitteln ist.