Vom Tennisprofi zum “Printen-Prinz”
Der “Printen-Prinz” ist ein Marketing-Genie
Bunte, Gala, Bild am Sonntag oder andere Klatschblätter – wer sie liest, könnte glauben, Dr. Hermann Bühlbecker sei ein wenig publizitätssüchtig. Der “Printen-Prinz” ist dort immer Seite an Seite abgelichtet mit den Größten, Mächtigsten oder Bekanntesten dieser Welt: Bühlbecker mit Bill Clinton, Bühlbecker mit Helmut Kohl, Prinz Albert von Monaco, Elton John, Gorbatschow oder Genscher. Der französische Staatspräsident Sarkozy redet ihn mit “Monsieur le Senateur” an. Doch wer recherchiert, der kapiert: Das ist Teil seiner Marketing-Strategie. Wer hinter der Privatperson Hermann Bühlbecker steckt, erfährt niemand. Home Storys meidet er wie der Teufel das Weihwasser.
Werbeausgaben? Unbekannt, aber bestimmt sehr niedrig
Wie viel er tatsächlich für Werbung ausgibt, ist eines der größten Geheimnisse des Aachener Alleingesellschafters und Geschäftsführers der Aachener Printen- und Schokoladenfabrik Henry Lambertz. Sicherlich ist es ein lächerlicher Betrag. Lambertz spart mit seinen Yellow-Press-Auftritten vermutlich viele Werbemillionen. Denn die Marke ist Bühlbecker. Und Bühlbecker ist der Markenbotschafter. Das ist Tradition bei dem Familienunternehmen. Schon seine acht Vorfahren waren Hoflieferanten der Königshäuser in Bayern, Preußen, Belgien und den Niederlanden. Im vergangenen Jahr wurde die Lambertz-Gruppe rund 2.800-mal in Presseartikeln und über 300-mal in TV-Beiträgen erwähnt. Deswegen lässt er kein Society-Ereignis von Rang aus – und ist dort ein gern gesehener Gast. Es gibt wahrscheinlich weltweit kaum einen Prominenten, der von ihm noch nicht mit einer Keksdose aus eigener Produktion bedacht worden ist. Selbstverständlich bedanken sich alle artig bei dem Dipl.-Kfm. Dr. rer. pol. Senator h. c. Owner of Lambertz, wie ihn seine Visitenkarte ausweist. Hinzu kommen wird nun noch ein Professoren-Titel. Es ist noch keinen Monat her, dass er für seinen akademischen Einsatz an der International School of Management (ISM) mit einer Honorarprofessur geehrt wurde. Seit dem Sommersemester 2006 ist Dr. Bühlbecker Dozent an der ISM. Hier lehrt er in Consulting-Workshops, Marktforschungsprojekten und im Fach Entrepreneurship. Seine Studenten schätzen die praxisnahen Veranstaltungen, die auf seinen Erfahrungen als Unternehmer und Manager beruhen. Printen, das sind ziemlich harte Gewürzlebkuchen. Fast so hart wie Dr. Hermann Bühlbecker zu sich selbst. Er ist ein disziplinierter Arbeiter. Das Wenige, das man von ihm privat weiß: Er ist ein begnadeter Tennisspieler.
Als Tennis-Profispieler das Studium finanziert
Als 18-Jähriger wird er Mittelrheinmeister. Er zieht nach Erlangen. Im benachbarten Nürnberg steigt er schließlich bei Noris Nürnberg ein. Der Club spielt in der höchsten Spielklasse, der Oberliga – seinerzeit gab es noch keine Tennis-Bundesliga. Die Preisgelder und Spielergehälter liegen weit unter dem, was heute gezahlt wird. Für ihn reicht es aber, um sein Studium zu finanzieren. Er ist einer, der um jeden Punkt kämpft. Bühlbecker, der Kämpfer. Ehrgeiz, Beharrlichkeit, Zähigkeit hat ihn das Tennis gelehrt. Fähigkeiten, mit denen er sein Unternehmen, die Aachener Fabrik für Printen, zur Weltmarke gemacht hat. Als Bühlbecker 1976 seine Promotion in Händen hält, geht es dem Unternehmen Lambertz schlecht. Seine Mutter hält dort Anteile, sein Onkel und seine Tante führen die Geschäfte. Der Neffe bekommt die Chance einzusteigen. Und Bühlbecker gibt das Tennis auf. Ihm ist klar, dass er sich entscheiden muss: Sport oder Karriere. Und dann beginnt er im Jahr 1976 seine Tennisstärken ins Unternehmen einzubringen. Damals macht das Familienunternehmen 16 Mio. DM Umsatz. Es wird von einer Schuldenlast fast erdrückt. 35 Jahre später ist aus dem regionalen Printenhersteller eine Firmengruppe, ja ein Konzern geworden. Zu Lambertz gehört mittlerweile der einstige Wettbewerber Kinkartz sowie die traditionsreichen Nürnberger Lebkuchenspezialisten Haeberlein-Metzger und Weiss. Als Konkurrenten sind lediglich Bahlsen und Griesson de Beukelaer übrig geblieben. Dieser Tage erst setzte Bühlbecker weiter auf Expansion: Im Januar Anfang 2010 übernahm die Firmengruppe noch den Kirmesherzen-Hersteller Bären-Schmidt. Der Unternehmer zahlt das vermutlich fast aus der Portokasse. Laut seinen Wirtschaftsprüfern liegt die Eigenkapitalquote bei über 60%. Größtes Problem der Lambertz-Gruppe war lange Zeit die Abhängigkeit von den Saisonartikeln. Denn Lebkuchen werden traditionell zwischen Herbstanfang und Weihnachten verzehrt. Doch mit Hilfe von Aldi, Lidl & Co, denen Bühlbecker auch ganzjährig begehrte Gebäckmischungen verkauft, ist die Quote der Saisonartikel bei Lambertz nach eigenen Angaben auf 35% gesunken. Dafür steigt seine Abhängigkeit von den Discountern erheblich.
Eigene Luxusmarke: Weniger abhängig von Aldi, Lidl & Co
Billig- und Zweitmarken sind inzwischen für fast die Hälfte der Erlöse verantwortlich. Bühlbecker weiß um dieses Missverhältnis und steuert heftig dagegen. Mit neuen Premiumprodukten unter der Marke “Henry Lambertz” will er mehr unter eigener Marke mit stärkerer Marge verkaufen. Auch der Auslandsumsatz nimmt stetig zu. “Aus einem Nischenanbieter ist unter seiner Federführung ein Weltkonzern geworden”, heißt es in einer Laudatio anlässlich der Aufnahme in die Riege von 100 vorbildlichen deutschen Familienunternehmen, kommentiert von Florian von Langenscheidt. Denn Bühlbecker engagiert sich auch gesellschaftlich mit viel Geld. “Meiner Meinung nach sind Unternehmer nicht nur dem eigenen Erfolg verpflichtet, sondern tragen gleichwohl auch eine hohe gesellschaftliche Verantwortung. Ohne Familienunternehmen ist Deutschland wirtschaftlich instabiler”, sagt er. Familienunternehmer empfänden eine große Verantwortung gegenüber ihren Unternehmen und somit auch den Menschen, die dort arbeiteten. “Wir führen mit Lambertz ein erfolgreiches Unternehmen, das seit Jahrhunderten am Markt ist. Da ist es nur angemessen, wenn wir etwas an jene weitergeben, die im Leben nicht so viel Glück hatten”, so Bühlbecker gegenüber der Unternehmeredition. “Um bei der Vielzahl an Problemen in der Welt effektiv etwas bewegen zu können, muss man jedoch seine Leistungen konzentrieren.” Darum engagiere er sich neben der Sportförderung und allgemeinen sozialen Hilfsprojekten vor allem bei Fördereinrichtungen, die Herausragendes in ihrem Bereich leisteten. Wie zum Beispiel bei der Clinton Global Initiative, der amfAR – American Foundation for AIDS Research, der Elton John Aids Foundation oder der Quadriga – Werkstatt Deutschland e.V. “In erster Linie engagieren wir uns natürlich um zu helfen und nicht zu Marketingzwecken. Das ist mir persönlich sehr wichtig. Und drauf sind wir sehr stolz.”
Fortsetzung folgt
Den Grundstein für eine Nachfolgeregelung habe er schon vor vielen Jahren gelegt. “Wir haben in der Unternehmensgruppe drei Geschäftsführer und einen Beirat, dessen Vorsitzender ich bin. Natürlich ist es mein oberstes Ziel, Lambertz in der Familie zu halten.” Seine 15-jährige Tochter stammt aus einer früheren Ehe. Das Mädchen hat dem Vernehmen nach schon bekundet, Interesse am Einstieg ins Unternehmen zu haben. Bühlbecker: “Wenn meine Tochter einmal alt genug ist, hat sie die Wahl, das Unternehmen entweder vom Beirat aus zu kontrollieren oder in die Geschäftsführung einzusteigen. Damit wäre sie die zehnte Generation, die unser Familienunternehmen leitet.”
Thomas Grether
redaktion@unternehmeredition.de
Kurzprofil: Aachener Printen- und Schokoladenfabrik Henry Lambertz GmbH & Co. KG
Gründungsjahr: 1688
Branche: Süßwaren
Unternehmenssitz: Aachen
Mitarbeiter: 3.450
Umsatz: 536,3 Mio. EUR für das Bilanz-Geschäftsjahr 2009/2010
Internet: www.lambertz.de
Thomas Grether ist Gastautor.