Aus 30 Jahren Erfahrung im juristischen Notfalldienst lässt sich eine wichtige Empfehlung zur Bewältigung von Schicksalsschlägen ableiten: Jeder Familienunternehmer benötigt einen Notfallkoffer.
Selbstverständlich ist die Unternehmerfamilie auch bei Vorhandensein eines Notfallplans vor bösen Überraschungen nicht gefeit, die Wechselfälle des Lebens treffen die Familie dann aber zumindest nicht völlig unerwartet.
Für Pläne solcher Art gelten drei Grundregeln: Sie müssen wie ein medizinischer Notfallkoffer schnell auffindbar sein, sie müssen eindeutige und klare Regelungen und Handlungsanweisungen enthalten, und es muss klar sein, welche Person die Planung im Fall der Fälle umsetzt.
Was kann nun beispielsweise der Inhalt eines solchen Notfallkoffers sein? Im Folgenden werden zwei typische Fallbeispiele vorgestellt und erläutert.
Notfall 1: Unerwarteter Tod des Unternehmers
Angenommen, ein Familienunternehmer ist verheiratet und hat zwei minderjährige Kinder. Er ist Mitgesellschafter eines größeren Unternehmens, welchem es wirtschaftlich sehr schlecht geht. Auf einer Bergtour erleidet er einen Herzinfarkt und stirbt noch am selben Tag.
Die Ehefrau konsultiert ihren Anwalt und berichtet diesem, es gebe ein Testament ihres Ehemannes. Ihr Mann habe dies stets mit dem Hinweis erzählt, sie brauche sich trotz Unternehmenskrise später keine Gedanken um ihre persönliche Versorgung zu machen. Folgende Fallstricke können sich aus diesem Fall ergeben:
Das handschriftliche Testament ist nicht auffindbar, stattdessen wird ein mit Schreibmaschine geschriebener und handschriftlich von dem Unternehmer unterschriebener Entwurf eines Anwalts vorgefunden. Schlussfolgerung: Wichtige Dokumente gehören in den Notfallkoffer.
Eine überraschende Wendung bekommen die Ereignisse, als sich bei der Ehefrau der Anwalt einer Dame aus Wien meldet, welche ein älteres, handschriftlich verfasstes Testament des Unternehmers in Händen hält. In diesem Testament hatte der Unternehmer diese Dame zu seiner Alleinerbin bestimmt und seiner Ehefrau eine lebenslange Rente ausgesetzt. Schlussfolgerung: Erledigte oder verschollene Dokumente sind zu vernichten und/oder im Notfallkoffer ist darauf hinzuweisen.
Die Ehefrau geht auf die Bank und möchte vom Konto ihres Mannes Geld überweisen, um einige Rechnungen zu begleichen. Der Bankbeamte sagt ihr, sie möge bitte einen Erbschein vorlegen, ein Testament würde nicht ausreichen.
Schlussfolgerung: Folgende Vorsorgehandlungen sind für den verantwortungsbewussten Unternehmer unabdingbar:
Zusammenstellung eines Notfallkoffers, in welchem die wichtigsten persönlichen Daten enthalten sind, wie etwa Bankdaten, Pins, wichtige Passwörter, wichtige Telefonnummern, wichtige Verträge etc.
Erteilung einer Einzel-/Generalvollmacht zugunsten einer Vertrauensperson (z.B. Ehefrau), die über den Tod hinaus wirksam ist.
Einbindung einer Vertrauensperson, die über persönliche Geheimnisse (wie die Dame in Wien) informiert ist.
Überprüfung sämtlicher wichtiger Unterlagen durch einen Fachmann (Dokumentencheck).