Von der Apotheke zum Weltunternehmen: B. Braun Melsungen ist eines der größten Familienunternehmen in Deutschland. Für die kleine Stadt in Nordhessen ist es enorm wichtig. Sorgt es doch dafür, dass die Arbeitslosenquote niedrig und die Gewerbesteuereinnahmen hoch sind. Geleitet wird es seit 2011 zum ersten Mal von einem familienfremden Manager. Der ist allerdings schon seit 37 Jahren im Unternehmen.
Es war einmal in Melsungen: Im 16. Jahrhundert lebten die meisten Menschen in der nordhessischen Kleinstadt vom Holzeinschlag. Die Holzfäller zogen mit ihrer Axt oder dem Beil (Barte) los, um Holz zu schlagen. Auch heute noch hängen viele Arbeitsplätze an einer Branche. Doch mit Holz hat diese nichts zu tun.
Und auch der frühere Spitzname „Bartenwetzer“, den die Bewohner der Stadt einst trugen, gerät wohl immer mehr in Vergessenheit. Eher bekannt sind sie mittlerweile als „Braunianer“, angestellt beim Medizintechnikunternehmen B. Braun Melsungen AG. 14.000 Einwohner hat das beschauliche Städtchen mit den vielen Fachwerkhäusern. 6.500 Mitarbeiter beschäftigt das Familienunternehmen am Standort. Auch deswegen geht es den Menschen hier gut. Die Arbeitslosenquote in Melsungen beträgt momentan 4,6 Prozent. Liegt diese unter drei Prozent, spricht man von Vollbeschäftigung.
Rasantes Wachstum
Angefangen hat alles mit der Rosen-Apotheke. Wo? Natürlich in Melsungen. Am 23. Juni 1839 erwirbt Julius Wilhelm Braun die Apotheke im Ort und erweitert sie um einen Versandhandel für heimische Kräuter. Sein Sohn beginnt bald danach mit der Produktion erster pharmazeutischer Erzeugnisse wie Migränestifte oder Pflaster. Es folgt der Eintrag ins Handelsregister. Carl Braun führt das Unternehmen durch den Ersten Weltkrieg. „Ein entscheidender Erfolgstreiber war, dass wir früh mit der Internationalisierung begonnen hatten“, sagt der heutige Vorstandschef Prof. Dr. Heinz-Walter Große. Eine erste Fertigungsstätte baute das Unternehmen 1925 in Italien. Niederlassungen in Spanien und Ungarn kamen hinzu. 1958 hatte B. Braun das erste Mal mehr als 1.000 Mitarbeiter. Bald danach kam die Braunüle auf den Markt – die erste einteilige Kanüle für Dauerinfusionen.
Zum 125. Jubiläum vor 50 Jahren erwirtschaftete das Unternehmen mit 1.700 Menschen einen Umsatz von 50 Mio. D-Mark. Heute liegt der Umsatz bei 5,43 Mrd. Euro. Zu verdanken ist das rasante Wachstum des Medizintechnikkonzerns vor allem dem langjährigen Chef des Unternehmens Ludwig Georg Braun. Er formte aus dem mittelständischen Unternehmen einen Weltkonzern. In fünfter Generation stand er bis 2011 an der Spitze – 34 Jahre lang. Konsequent baute er das Unternehmen auf, trieb die Internationalisierung voran. Braun setzte auf stetiges Wachstum. Unter seine Ägide fiel auch der Kauf von McGaw Inc. Es war die größte Akquisition, die B. Braun tätigte. 550 Mio. D-Mark bezahlte das Unternehmen. Vor allem, um auf dem Medizintechnikmarkt in den USA voranzukommen und die komplette Infusionstherapie dort anbieten zu können.