„Durch diese Geldflut wird nicht ein Kredit mehr vergeben“

Es war das große Thema beim diesjährigen Fondskongress in Mannheim: Die Entscheidung der EZB, erstmals Staats- und Unternehmensanleihen in großem Stil aufzukaufen. Die Entscheidung ist hoch umstritten. Kommt die viele Liquidität überhaupt bei den Unternehmen an? Nein, meint Vermögensverwalter Dietmar Zantke, Spezialist für globale Unternehmensanleihen.    

Herr Zantke, um Kreditvergabe und Inflation anzukurbeln, will die EZB ab März Staats- und Unternehmensanleihen in großem Stil aufkaufen. Meinen Sie, dass die Maßnahmen wirken?

Zantke: Zum einen denke ich nicht, dass das Programm irgendwie hilft, die Kreditvergabe anzukurbeln. Denn bei einem Leitzins von 0,05 Prozent waren die Zinsen schon bisher extrem niedrig. Die Staatsanleihekäufe werden deswegen keine Bank dazu bringen, mehr Kredite an Unternehmen zu vergeben. Weder in Deutschland, wo sich das Problem so auch gar nicht stellt, noch in den Peripherieländern. Das Geld wird stattdessen grundsätzlich in die Kapitalmärkte fließen und zu einer Asset Price Inflation führen, auch an den Zinsmärkten.

Beginnt also jetzt der große Run auf Anleihen?

Investoren schielen schon seit Jahren auf Unternehmensanleihen, seitdem die Renditen für Staatsanleihen so niedrig sind. Institutionelle Investoren wie Versicherungen und Pensionskassen, die eine Mindestverzinsung brauchen, sind auf diese Spread-Produkte angewiesen. Die Emissionstätigkeit war ja auch bisher recht hoch.

Was sind das für Unternehmen, die Anleihen begeben?

Die Unternehmen, von denen wir hier sprechen, sind eigentlich alle recht groß und teilweise Weltmarktführer. Kleine Unternehmen haben eigentlich keine Chance, eine Anleihe zu begeben. Die Großen tun das sicherlich, weil es eine günstigere und unabhängigere Finanzierung ist als über Banken. Unternehmen mit guter Bonität wie BMW zahlen über zehn Jahre vielleicht gerade mal ein Prozent. Warum sollten sie da einen Bankkredit aufnehmen? Die Unternehmen bauen gerade teilweise gezielt Liquidität auf. Auch im High-Yield-Bereich ist die Situation fast paradiesisch: Unternehmen mit etwas schlechterer Bonität wie Scheffler oder Fresenius zahlen etwa zwei Prozent. Das sind Zinsen, die sonst Siemens oder Daimler zahlen mussten. Unternehmen mit schwierigerem Geschäftsmodell zahlen derzeit etwa sechs Prozent, was im unteren High-Yield-Bereich immer noch eine sehr günstige Refinanzierung ist. Gemeinsam mit dem niedrigen Ölpreis und der schwachen Währung können die meisten Industrieunternehmen derzeit sehr gut leben. 

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