„TTIP würde Schluss machen mit manchem Blödsinn”

Das geplante Transatlantische Freihandelsabkommen (TTIP) spielt auch für die Schütte GmbH aus Köln eine wichtige Rolle. Das Unternehmen ist einer der weltweit führenden Hersteller von Werkzeugmaschinen und auch in den USA präsent. Vom TTIP erhofft sich Welcker Erleichterungen vor allem in Bezug auf technische Standards. Denn dadurch ließen sich viele unnötige Doppelungen vermeiden. 

Interview mit Carl Martin Welcker, Geschäftsführender Gesellschafter der Alfred H. Schütte GmbH

Herr Welcker, wenn Sie eine Maschine in die USA verkaufen, müssen Sie auf die Einfuhr gerade einmal 2,5 bis 4,5 Prozent Zoll bezahlen. Warum macht die Industrie da so ein Aufhebens um das Freihandelsabkommen TTIP?

Welcker: Erst einmal sind 4,5 Prozent gar nicht so wenig. Allein der deutsche Maschinenbau hat 2013 Produkte im Wert von 14,1 Mrd. Euro über den Atlantik verschifft, man kann sich ausrechnen, über welche Summen wir da reden. Aber ein wirklich großes Problem sind die unterschiedlichen Standards. Eine Maschine, wie wir sie für den europäischen Markt bauen, können wir so nicht nach Amerika verkaufen, sondern müssen sie an allen möglichen Stellen ein kleines bisschen verändern, damit sie da drüben die gesetzlichen Vorgaben erfüllt. Und das ist richtig teuer und aufwendig.

Was unterscheidet denn eine EU-Maschine von einer US-Maschine?

Wir stellen unter anderem so genannte Mehrspindeldrehautomaten her, das sind ziemlich anspruchsvolle Anlagen, die automatische Drehteile fertigen. Diese werden etwa in Autoairbags verbaut. In diesen Automaten steckt viel Elektronik, und die Komponenten sind durch Stecker verbunden. In Europa dürfen wir Stecker verwenden, wenn ihre Sicherheit durch das CE-Kennzeichen bestätigt ist. In den USA gibt es dagegen nationale Testlabors, die prüfen, welche Stecker sicher sind – was da nicht getestet wird, kann nicht verwendet werden. Wir müssen also unsere EU-Stecker durch US-Stecker ersetzen, obwohl die Stecker im Prinzip hier wie da gleich aussehen, gleich sicher sind und die gleichen Funktionen ausführen.

Und das soll das große Problem des Maschinenbaus sein?

Wenn Sie hunderte von diesen Steckern austauschen müssen, ja. Und wir reden hier ja nicht nur über Stecker. Wir normen unsere Gewinde nach dem metrischen System, die Amerikaner messen in Zoll – also müssen wir bei bestimmten Sicherheitsverrohrungen die Gewinde ändern. Es gibt sogar unterschiedliche Vorgaben in EU und USA, was in einer Betriebsanleitung stehen muss. Wir bauen zweimal die gleiche Maschine, nur anders. Wir müssen doppelt Material einkaufen, doppelt Material lagern. Maschinen müssen doppelt geprüft und zugelassen werden. Man kann sich vorstellen, dass dieser Zustand vor allem für kleine Unternehmen ein Problem ist, die nur ein paar hundert Mitarbeiter haben und die kein Werk in den USA haben.

Können Sie den Mehraufwand beziffern?

Wir haben fünf bis 15 Prozent mehr Kosten für eine US-Maschine im Vergleich zu der Anlage für Europa. Wir brauchen auch länger, bis wir sie ausliefern können: Eine europäische Maschine steht nach sechs bis neun Monaten beim Kunden, eine amerikanische nach sieben bis zwölf.

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