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„Ökonomisch hatten wir keine Wahl“

Hans-Joachim Watzke, Geschäftsführer von Borussia Dortmund, über Unternehmertum in Fußball-Clubs, die Börsennotierung seines Vereins und „Echte Liebe“.

  1. Herr Watzke, was können Unternehmen von einem Fußballclub lernen?

Klassische Unternehmen können sicherlich von einem Fußballclub lernen, dass man sich permanent anpassen muss und dass man natürlich mittlerweile sehr geübt darin ist, wie man mit der öffentlichen Meinung umgeht.

  1. Kann man einen Fußballverein an der Börse genauso führen wie ein klassisches börsennotiertes Unternehmen?

Man muss es sogar, da die Börse das entsprechend verlangt. Nehmen Sie bitte als Beispiel, dass im Gegensatz zu allen anderen Fußballclubs mein Gehalt jedes Jahr veröffentlicht wird. Ich würde mir wünschen, dass dies in anderen Fußballclubs auch so gehandhabt wird. Man muss nur davon ausgehen, dass der Fußball eben manchmal schwieriger einzuschätzen ist als ein konventionelles Industrieunternehmen.

  1. Als Sie im Jahr 2005 als Geschäftsführer angetreten sind, stand der Verein kurz vor der Pleite. Mittlerweile geht es Borussia Dortmund finanziell wieder gut. Welche Lehren haben Sie aus der schwierigen Zeit gezogen?

Die einzige Lehre – die hatte ich aber schon vor zehn Jahren gezogen – ist die, dass wir uns für den sportlichen Erfolg nie wieder in Schulden stürzen. Mittlerweile haben wir keine mehr, deshalb fällt uns das jetzt auch etwas leichter.

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Hans-Joachim Watzke, Geschäftsführer von Borussia Dortmund über Unternehmertum in Fußball-Clubs, die Börsennotierung seines Vereins und „Echte Liebe“.

  1. Inwiefern kann es im Profi-Fußball, in dem vor allem die Vereine aus der Premier League astronomische Ablösesummen und Spielergehälter bezahlen, noch „Echte Liebe“ zum Verein geben?

Leider wird dieses „Echte Liebe” immer falsch interpretiert. „Echte Liebe” beschreibt das Verhältnis des Clubs zu seinen Fans und umgekehrt. Es geht hier nicht darum, dass ein Spieler „Echte Liebe” für Borussia Dortmund empfinden soll. Wenn er es tut, ist es schön, aber man kann das heute nicht mehr voraussetzen. Es geht einzig und alleine um die Beziehung zwischen Club und seinen Mitgliedern bzw. Fans.

  1. Muss man als BVB-Mitarbeiter auch Fan des Vereins sein?

Ich denke, dass es sehr, sehr hilfreich ist, auch Fan des Vereins zu sein. Das ist sicherlich der große Vorteil, dass beim Fußball natürlich die allermeisten Mitarbeiter auch absolute Fans des Vereins sind. Wer sich im Fußball tummelt und wer im Fußball arbeitet und keine positiven Emotionen für seinen Club bzw. seinen Arbeitgeber hat, der wird nicht sehr erfolgreich sein.

  1. In diesem Jahr musste Dortmund die Mannschaft nahezu komplett umkrempeln. Eine Chance oder eher hohes Risiko?

Sicherlich beides. Eine Chance, die aber natürlich auch mit Risiko behaftet ist, weil wir uns entschieden haben, junge, hochtalentierte Spieler zu holen. Unser Vorgehen war alternativlos, weil das der einzige Weg ist für Borussia Dortmund. Wir haben die drei Spieler (Hummels, Mkhitaryan, Gündogan; Anmerkung der Redaktion) nicht abgegeben, weil wir sie abgeben wollten, sondern wir hatten, vor dem Hintergrund, dass alle nur noch ein Jahr Vertrag hatten, ökonomisch keine andere Wahl.

  1. Der Weggang Ihres Kapitäns Mats Hummels zum FC Bayern muss Sie geschmerzt haben. War er doch bei den Fans sehr beliebt und für die BVB-Marke „Echte Liebe“ extrem wichtig.

Sein Weggang hat mich in der Tat am meisten geschmerzt. Mats war ein absoluter Weltklassespieler und auch eine großartige Persönlichkeit. Wir hatten immer ein sehr, sehr enges und vertrauensvolles Verhältnis.


Kurzprofil Hans-Joachim Watzke

Hans-Joachim Watzke

Geboren: 21.06.1959

Beruf: Dipl.-Kaufmann

Hobby: Fußball

Größte Erfolge: Rettung des BVB vor der Insolvenz, 2x Deutscher Meister, 1x DFB-Pokalsieger, Champions League Finale 2013

www.bvb.de

 

 

 

 

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