Derzeit sind gut geführte, mittelständische Unternehmen in Deutschland gefragter denn je. Die „Perlen des deutschen Mittelstands“ stehen im Fokus vieler nationaler und internationaler Finanzinvestoren.
Letzte Woche saß ich mit einem geschäftsführenden Gesellschafter eines mittelständischen Unternehmens zusammen. Einer dieser „Perlen“ respektive Hidden Champions. Stabile Rentabilität, Innovationsführerschaft und eine über dem Markt liegende Wachstumsrate führen hier zweifellos zu einer Anhäufung von Anfragen der Private-Equity-Investoren.
Eine Frage des Blickwinkels
Auf meine Frage hin, ob er sich mit ihnen schon ausgetauscht habe, bekam ich die Reaktion, die ich erwartet hatte. „Warum sollte ich mich auf ein Treffen einlassen? Ich will nicht verkaufen und möchte mein Unternehmen am liebsten an meine Kinder weitergeben.“ Ich habe das Thema vorerst beiseite gelegt und wir haben über die nächsten internen Herausforderungen gesprochen. Ein Unternehmen mit diesen Kennzahlen ist zum Wachstum prädestiniert. Das Geschäft ist hauptsächlich auf Europa ausgerichtet, so dass beispielsweise weniger Kenntnisse über den asiatischen oder amerikanischen Markt bestehen. Schließlich habe ich das Thema der Private-Equity-Fonds erneut aufgegriffen und ihn dafür sensibilisiert.
Als Unternehmer können Sie diese Situation auch von einem anderen Standpunkt betrachten und sich selbst die Frage stellen: „Welchen Nutzen und welche Synergien können sich aus der Führung eines ersten Dialogs erschließen?“
Auf der einen Seite sind etablierte Private-Equity-Fonds unter anderem sehr erfahren darin, ein bestehendes Geschäftsmodell zu skalieren oder eine Buy-and-Build-Strategie umzusetzen. Dieses Know-how kann gewinnbringend eingesetzt werden. Zusätzliches Wissen kann man sich im Austausch mit anderen CEOs aneignen, die in der Vergangenheit einen ähnlichen Gedankengang vollzogen haben und Erfahrungswerte reflektieren können.
Meine Empfehlung manifestierte sich darin, einen Gedankenaustausch anzustreben, um sich von etwaigen Vorbehalten zu lösen und einen passenden Wachstumspartner zu identifizieren.
Welcher Fonds passt zu meinem Unternehmen?
Nachstehende Kernfragen sollten in der Auswahl betrachtet werden:
- Unternehmenssituation: Handelt es sich um einen Wachstumsfall oder eine Sondersituation (z.B. Restrukturierung)?
- Höhe des investierten Eigenkapitals: Wie viel Eigenkapital ist der Fonds bereit zu investieren? Die Einteilung resultiert in Small-, Mid- & Large-Cap-Fonds.
- Branchenfokus: In welche Branchen hat der Fonds bereits investiert? Waren diese Investitionen erfolgreich? Hat der zuständige Partner relevante Erfahrung?
- Art der Investition: Welche Investitionsmöglichkeiten sind z.B. in einem Wachstumsfall möglich?
Folgende Optionen sind typisch:
- Buy-out-Transaktionen/Mehrheitsbeteiligungen: Der Fonds erwirbt die Mehrheit der Unternehmensanteile. Es besteht die Möglichkeit, dass man als Manager weiterhin im Unternehmen bleibt und aktiv mitgestalten kann. Ein kompatibles Management ist immer der Optimalfall. Diese Situation tritt aber auch oftmals bei der Unternehmensnachfolge auf, wenn sich der Unternehmer aus dem Geschäft zurückziehen will und sich entschlossen hat, sein Unternehmen zu veräußern.
- Minderheitsbeteiligungen: Derzeit sind zunehmend Minderheitsbeteiligungen im Trend. Diese werden auch häufig als Wachstumskapital bezeichnet. Der Unternehmer will die Eigenkapitalquote verbessern, braucht Know-how und Geld, um zu expandieren. In diesem Falle kann sich der Unternehmer auch ein Rückkaufsrecht einräumen lassen und gibt sein Unternehmen damit nicht dauerhaft ab.
Zur Operationalisierung der Fragestellungen habe ich dem Unternehmer empfohlen, sich mit einem Wachstumsfonds aus dem Mid-Cap-Segment mit Erfahrung im Branchenumfeld zu unterhalten und sich die Möglichkeit einer Minderheitsbeteiligung aufzeigen zu lassen. Seine Antwort: „Warum nicht?“.
Fazit
Es schadet nicht, sich von Vorurteilen zu lösen. Der Markt bietet individuelle und maßgeschneiderte Lösungen, um Unternehmensanteile zu veräußern, ei es minderheits- oder mehrheitsorientiert bis hin zu einer ganzheitlichen Verkaufsoption. Die Möglichkeit, sich mit anderen CEOs auszutauschen, bietet zudem einen weiteren Blickwinkel sowie potenzielle neue Geschäftsbeziehungen.
Zur Person
Armin Sieber ist Partner der Personalberatung Liebe Sutor Gawlowski und verantwortet den Bereich Private Equity. In seiner Funktion berät er Investoren in Pre- und Post-Deal Situationen bei der Suche, Selektion und Integration von Persönlichkeiten auf obersten Ebenen. www.lsg-kollegen.de