Zahlungsverzug nimmt in Deutschland weiter zu

© fotolia/gosphotodesign)
© fotolia/gosphotodesign)

Die Zahlungsmoral deutscher Unternehmen hat sich im Jahr 2024 weiter verschlechtert. Laut der aktuellen Umfrage des Kreditversicherers Coface sind mittlerweile 78% der Unternehmen von Zahlungsverzug betroffen – ein Anstieg gegenüber den Vorjahren. Während 2022 noch 65 Prozent der Firmen über verspätete Zahlungen klagten, stieg der Wert 2023 auf 76 Prozent. Besonders besorgniserregend ist dabei der deutliche Anstieg der Zahlungen, die mehr als sechs Monate überfällig sind, was zunehmend die Liquidität vieler Unternehmen gefährdet.

Zahlungsverzögerungen belasten den Markt

Seit 2021 hat sich der Trend zu längeren Zahlungsverzögerungen stetig verstärkt. Christiane von Berg, Volkswirtin bei Coface, erklärt, dass das Niveau von 78% nahezu dem Stand vor der Corona-Pandemie entspricht. Vor 2020 lag die Zahl der von Zahlungsverzug betroffenen Unternehmen im Durchschnitt bei 82%. Besonders schwer betroffen sei die Textil- und Bekleidungsbranche, wo 88% der befragten Unternehmen Verzögerungen bei den Zahlungen melden. Im Gegensatz dazu verzeichnet die Transportbranche eine Verbesserung.

Gefährliche langfristige Zahlungsrückstände

Obwohl sich die durchschnittliche Dauer der Zahlungsverzögerungen 2024 nur geringfügig auf 31 Tage erhöht hat, bleibt das Risiko durch extrem lange überfällige Zahlungen hoch. Zahlungen, die länger als sechs Monate überfällig sind, stellen zunehmend eine Gefahr für die finanzielle Stabilität vieler Unternehmen dar. Coface berichtet, dass 16% der Unternehmen von Zahlungen betroffen sind, die mehr als zwei Prozent ihres Jahresumsatzes ausmachen – ein deutlicher Anstieg im Vergleich zum Vorjahr.

Besonders der Maschinenbau kämpft mit diesem Problem: 30%  der Unternehmen aus diesem Sektor melden erhebliche Forderungsausfälle. Jochen Böhm, Leiter des Risk Underwriting bei Coface, warnt davor, dass rund Drei Viertel der Forderungen, die länger als 180 Tage überfällig sind, nie beglichen werden. Dies könne letztlich zu Insolvenzen führen, wie der jüngste Anstieg der Unternehmenspleiten zeigt.

Kurze Zahlungsfristen bleiben Standard

Trotz der gestiegenen Risiken halten die meisten deutschen Unternehmen weiterhin an kurzen Zahlungsfristen fest. Die durchschnittliche Zahlungsfrist bleibt mit 32 Tagen relativ kurz. Vor allem exportorientierte Branchen wie der Maschinenbau und die Automobilindustrie bieten häufig Zahlungsziele an, jedoch bevorzugen die meisten Unternehmen, innerhalb eines Monats bezahlt zu werden. In Branchen wie der Holzverarbeitung und im Baugewerbe liegen die Zahlungsziele mit 21 bzw. 25 Tagen sogar noch unter dem Durchschnitt, während die Automobilindustrie mit 46 Tagen die großzügigsten Fristen gewährt. Coface betont, dass das enge Management von Zahlungsfristen entscheidend sei, um finanzielle Risiken zu minimieren. Besonders in unsicheren Zeiten ist es wichtig, säumige Zahlungen schnell und professionell einzutreiben.

 

Autorenprofil

Als Redakteur der Unternehmeredition berichtet Alexander Görbing regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Zu seinen Schwerpunkten gehören dabei Restrukturierungen, M&A-Prozesse, Finanzierungen sowie Tech-Startups.

Vorheriger ArtikelSEVEST übernimmt Sauter Gruppe
Nächster ArtikelRF Duroplast GmbH kauft Helvoet Rubber & Plastic Technologie