Josef Bulva war lange Jahre gefeierter Star unter den Pianisten. Durch einen Unfall konnte er 14 Jahre nicht auftreten und verdiente währenddessen sein Geld an der Börse. Ein Gespräch über die Sinnstiftung von Musik, Finanzwelt und Wissenschaft.
Unternehmeredition: Herr Bulva, Sie kennen den Konzertsaal wie auch das Börsenparkett. Berühren sich diese beiden Orte atmosphärisch oder sind es getrennte Welten?
Josef Bulva: Es gibt eine Gemeinsamkeit. Ein Vermögensverwalter muss sich genauso behaupten wie ein Pianist. Es geht jeweils darum, aus der Partitur oder dem Portfolio das beste Ergebnis herauszuholen. Dafür braucht man ein bisschen Talent, etwas Sitzfleisch, Zeit und vor allem Intransigence (Deutsch: Unnachgiebigkeit; Anmerkung der Redaktion).
Gerade die Unnachgiebigkeit beziehungsweise Disziplin wird Ihnen nachgesagt. Kann Erfolg nur aus dem Zusammenspiel von Sachlichkeit und Virtuosität entstehen?
Für mich gilt das sicherlich. Als Pianist bin ich ja nicht kreativ, sondern gebe die Kreativität nur wieder. Ich habe danach gestrebt, an mir zu arbeiten. Das Problem an der Kunst ist, dass sie nicht so messbar ist wie beispielsweise der Sport.
Sie sind nach einer Handverletzung 1996 zum Börsenspekulanten geworden, um Ihren Lebensunterhalt und den Ihrer Mutter zu bestreiten. Gab es für diesen Berufswechsel auch ideelle Gründe?
Nein, so weit ging es nicht. Es gibt einen großen spirituellen Unterschied zwischen der Fähigkeit, ein Brahms-Klavierkonzert oder Beethoven zu spielen und dem Hin- und Herschieben von ein paar Millionen Euro. Das Banking erlernen Sie in einem Monat, ein Brahms-Konzert nicht. Eigentlich kann man das überhaupt nicht miteinander vergleichen. Das eine ist Cleverness, das andere Intellektualität. Die Bewunderung von Cleverness gehört leider zum heutigen Zeitgeist.
Aber auch Ihnen wird nachgesagt, dass Sie gerne Geld haben und den Wohlstand genießen …
In Deutschland ist die höchste Form der Anerkennung nicht das Bundesverdienstkreuz, sondern Neid. Ich habe keine Familie und keine Kinder und habe mir deswegen ein paar Freiräume gegönnt. Ich bin weder Millionär noch mag ich es, Wohlstand zu zeigen. Aber natürlich ist es menschlich, dass man auch genießt, wenn man wie ich in Monaco für einige Zeit viel Geld verdient. Ich habe es für zwei Jahre genossen.
“Es gibt einen großen spirituellen Unterschied zwischen der Fähigkeit, ein Brahms-Klavierkonzert oder Beethoven zu spielen und dem Hin- und Herschieben von ein paar Millionen Euro. “
Sie haben dann 2010 die Finanzwelt bewusst verlassen. In einem anderen Interview haben Sie die Spekulation kritisiert. Was ist Ihr Appell an Börsenmakler?
Geschäfte werden heute in Millisekunden abgewickelt, vieles übernehmen Computerprogramme. Dadurch werden täglich 3,8 Trillionen Dollar verschoben. Investoren handeln – einigen Ausnahmen die Ehre – nach dem kurzfristigen Gewinn. Es geht nicht um Firmen, sondern um Finanzströme. Das macht ökonomisch aber keinen Sinn.
Welche Wirtschaft wünschen Sie sich denn?
Ich habe großen Respekt vor Familienunternehmen – von denen ich auch einige persönlich kenne. Deutschland profitiert in erster Linie von seinem Mittelstand. Diese Leute haben Mut. Ein Beispiel ist Mathias Döpfner von Alex Springer, der den Verlag modernisiert hat.
Welche Menschen bewundern Sie jenseits der Wirtschaftswelt und der Musik?
Sicherlich Wissenschaftler und Forscher, die mit ihrer Arbeit die Zivilisation nach vorne treiben. Heute können wir länger und besser leben als jemals zuvor. Das verdanken wir klugen Menschen, die rational, innovativ sowie risikobereit gearbeitet haben. Mit solchen bin ich gerne zusammen, weil ich viel von ihnen lernen kann.
Kurzprofil Josef Bulva
Geboren: 1943
Beruf: Klaviervirtuose
Hobbys: Astrophysik
Größte Erfolge: Einspielung der Spanischen Rhapsodie von Franz Liszt 1970 in Tschechien
Als Redakteur bei der Unternehmeredition leitet Volker Haaß die Online-Aktivitäten sowie die Sonderpublikationen der Plattform. Dazu gehört unter anderem die FuS – Zeitschrift für Familienunternehmen und Strategie.