„Ökonomisch hatten wir keine Wahl“

Hans-Joachim Watzke, Geschäftsführer von Borussia Dortmund über Unternehmertum in Fußball-Clubs, die Börsennotierung seines Vereins und „Echte Liebe“.

  1. Inwiefern kann es im Profi-Fußball, in dem vor allem die Vereine aus der Premier League astronomische Ablösesummen und Spielergehälter bezahlen, noch „Echte Liebe“ zum Verein geben?

Leider wird dieses „Echte Liebe” immer falsch interpretiert. „Echte Liebe” beschreibt das Verhältnis des Clubs zu seinen Fans und umgekehrt. Es geht hier nicht darum, dass ein Spieler „Echte Liebe” für Borussia Dortmund empfinden soll. Wenn er es tut, ist es schön, aber man kann das heute nicht mehr voraussetzen. Es geht einzig und alleine um die Beziehung zwischen Club und seinen Mitgliedern bzw. Fans.

  1. Muss man als BVB-Mitarbeiter auch Fan des Vereins sein?

Ich denke, dass es sehr, sehr hilfreich ist, auch Fan des Vereins zu sein. Das ist sicherlich der große Vorteil, dass beim Fußball natürlich die allermeisten Mitarbeiter auch absolute Fans des Vereins sind. Wer sich im Fußball tummelt und wer im Fußball arbeitet und keine positiven Emotionen für seinen Club bzw. seinen Arbeitgeber hat, der wird nicht sehr erfolgreich sein.

  1. In diesem Jahr musste Dortmund die Mannschaft nahezu komplett umkrempeln. Eine Chance oder eher hohes Risiko?

Sicherlich beides. Eine Chance, die aber natürlich auch mit Risiko behaftet ist, weil wir uns entschieden haben, junge, hochtalentierte Spieler zu holen. Unser Vorgehen war alternativlos, weil das der einzige Weg ist für Borussia Dortmund. Wir haben die drei Spieler (Hummels, Mkhitaryan, Gündogan; Anmerkung der Redaktion) nicht abgegeben, weil wir sie abgeben wollten, sondern wir hatten, vor dem Hintergrund, dass alle nur noch ein Jahr Vertrag hatten, ökonomisch keine andere Wahl.

  1. Der Weggang Ihres Kapitäns Mats Hummels zum FC Bayern muss Sie geschmerzt haben. War er doch bei den Fans sehr beliebt und für die BVB-Marke „Echte Liebe“ extrem wichtig.

Sein Weggang hat mich in der Tat am meisten geschmerzt. Mats war ein absoluter Weltklassespieler und auch eine großartige Persönlichkeit. Wir hatten immer ein sehr, sehr enges und vertrauensvolles Verhältnis.


Kurzprofil Hans-Joachim Watzke

Hans-Joachim Watzke
Hans-Joachim Watzke

Geboren: 21.06.1959

Beruf: Dipl.-Kaufmann

Hobby: Fußball

Größte Erfolge: Rettung des BVB vor der Insolvenz, 2x Deutscher Meister, 1x DFB-Pokalsieger, Champions League Finale 2013

www.bvb.de

 

 

 

 

Autorenprofil
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Tobias Schorr war von März 2013 bis Januar 2018 Chefredakteur der "Unternehmeredition". Davor war er für die Gruner + Jahr Wirtschaftsmedien im Ressort Geld als Redakteur tätig. Von 2003 bis 2007 arbeitete er zunächst als Redakteur, dann als Ressortleiter beim Mittelstandsmagazin "Markt und Mittelstand". Sein Handwerk lernte er an der Axel Springer Journalistenschule.

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